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246 Im Sprengel von Toul wird Remiremont oder Rumelsberg 870 unter den Reichsabteien genannt, 1114 als solche vom Könige bestätigt[1]; die Aebtissin wird denn auch von den K. Rudolf und Albrecht mit den Regalien belehnt und ausdrücklich als Fürstin bezeichnet.[2] K. Heinrich gab dann 1310 dem Herzoge von Lothringen zur Vermehrung seiner Reichslehen das Recht, im Namen des römischen Königs der Aebtissin die Regalien ihres Fürstenthums in vorkommenden Fällen zu ertheilen.[3] War damit eine Beseitigung der Unmittelbarkeit nicht beabsichtigt, so war dieselbe doch wohl thatsächlich die Folge. Noch 1564 erhob die Aebtissin Ansprüche auf Reichsunmittelbarkeit, wurde aber vom Herzoge bald zum Verzichte auf dieselbe gezwungen.[4] Von andern 817 oder 870 aufgeführten Reichsabteien des Sprengels gehörten Moyenmoutier und S. Dié schon im folgenden Jahrhunderte dem Bischofe von Toul[5], doch wurden dem letztern noch 1197 die dem Kaiser schuldigen Leistungen erlassen[6], was auf eine Reichsabtei schliessen lassen würde. Estival war später der Aebtissin von Andlau unterworfen; 1180 bestätigte der Kaiser, ut abbas – investituram Stivagiensis ecclesiae de manu abbatissae – recipiet.[7]

247 Im burgundischen Reiche weiss ich nur zwei Abteien bestimmt als fürstliche zu erweisen, und zwar liegen beide in Hochburgund im Sprengel von Bisanz zunächst den deutschen Gränzen. Den Abt von Lüders ernennt K. Friedrich 1232 zu seinem Hofkaplan, bezeichnet ihn dabei als princeps noster und sagt von seiner Kirche: que nostra regalis est abbatia[8]; ebenso nennt K. Rudolf 1290 ihn Fürst und belehnt ihn mit den Regalien principatus abbatiae Lutrensis.[9] Der Abt soll schon im vierzehnten Jahrhunderte die Hoheit der Freigrafschaft anerkannt haben[10]; doch wurde er auch in burgundischer und spanischer Zeit als unmittelbar betrachtet, da wir eine Reihe von Regalienverleihungen von 1417 bis 1639 finden.[11] Luxeuil muss früh eine der angesehensten Reichsabteien gewesen sein, da 775 dem Abte von Farfa die Freiheit zugesichert wird, wie sie die monasteria Lirinensium, Agaunensium et Luxoviensium haben[12]; noch bei der Theilung 870 als Reichsabtei genannt, wird es 891 an den Bischof von Metz gegeben.[13] Doch muss es seine Unmittelbarkeit wieder erhalten haben; denn 1218 schreibt K. Friedrich dem Konvente, dass er den Abt mit den Regalien beliehen habe; 1228 nennt er den Abt ausdrücklich seinen Fürsten und widerruft die Verleihung einiger Güter der Kirche, que nobis et imperio dinoscuntur attinere.[14] Noch 1435 wurde anerkannt, dass die Abtei weder zum Königreiche Frankreich, noch zur Grafschaft Burgund gehöre; durch

  1. Calmet 1, 533.
  2. Reg. Rud. n. 1056. 1058. Albr. 566. 567. Vgl. § 65 n. 6. 7.
  3. Reg. Henr. VII. n. 311.
  4. Gebhardi 1, 510.
  5. Vita S. Gerardi. M. G. 6, 503.
  6. Brequigny 4, 216.
  7. Würdtwein n. s. 7, 49. 10, 45. 99.
  8. Huillard 4, 379.
  9. Lünig C. F. 1, 487.
  10. Dunod 2, 189.
  11. Lünig C. F. 1, 490. 493.
  12. Reg. Kar. n. 72.
  13. M. B. 2, 381.
  14. Huillard 1, 536. 3, 392.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_384.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)