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Urkunden freilich nichts beweisen können. Aber auch die Kanzlei K. Ludwigs sah den Hochmeister als Reichsfürsten an. Wird 1337: venerabilis – Theodorus de Aldenburg magister generalis princeps noster et Romani imperii – administratione temporalium et iurisdictione eiusdem plenaria principatus, nämlich Litthauens, belehnt[1], so ist allerdings die Urkunde in hohem Grade verdächtig[2]; aber auch 1338 schreibt der Kaiser: Magne auctoritatis et religionis viro, fratri D. u.s.w. – principi suo[3] und 1346: Dilectus princeps noster venerabilis magister u.s.w.[4] Dagegen schreibt 1356 K. Karl wieder: Religiosis magistro et fratribus – nostris ac sacri imperii devotis dilectis[5]; 1389 K. Wenzel und 1442 K. Friedrich: venerabili magistro – devoto nostro dilecto.[6] Weitere Kaiserurkunden, welche einen Anhaltspunkt geben könnten, sind mir nicht bekannt; in andern, insbesondere litthauischen und polnischen, heisst der Hochmeister im vierzehnten Jahrhunderte oft Fürst[7]; aber von Fürsten aus dem Reiche, wie den Herzogen von Pommern und Schlesien wird er nur als ehrwürdiger oder auch ehrbarer geistlicher Herr bezeichnet[8]; in Folge des Thorner Friedens 1466 heisst er dann ausdrücklich princeps regni Poloniae.[9] Erst als der Hochmeister Albrecht von Brandenburg sich der polnischen Hoheit zu erwehren und enger an das Reich anzuschliessen suchte, scheint sich das Rangverhältniss zu den andern Reichsständen fester gestaltet zu haben, da er auf dem Nürnberger Reichstage 1524 den Sitz vor den Bischöfen einnahm.[10]

Der Deutschmeister des Ordens erscheint als Reichsstand schon in den ältesten Reichsmatrikeln und scheint auf Reichstagen seinen Sitz unter den Fürstäbten gehabt zu haben[11]; von den Kaisern wird er gewöhnlich venerabilis genannt[12]; sonstige Zeichen des Fürstenstandes treten aber nicht hervor, bis 1526 nach der Säkularisation Preussens und dessen Lösung vom Reiche der Deutschmeister zugleich Administrator des Hochmeisterthums wurde; er trat dem Reiche gegenüber in alle Rechte des Hochmeisters ein, nahm dessen Sitz auf dem Reichstage ein, wurde 1530 vom Kaiser mit Preussen belehnt[13] und von demselben nun immer als unser und des reiches fürst bezeichnet.[14]

Der Herrmeister von Liefland stand früher in keiner unmittelbaren Verbindung mit dem Reiche und sträubte sich gegen dieselbe auch dann, seit das Abhängigkeitsverhältniss vom Hochmeister sich mehr und mehr löste. Nach der Säkularisation Preussens aber unterzog er sich den Reichspflichten, wurde 1530 vom Kaiser belehnt und beschickte wie die liefländischen Bischöfe, 1529 bis 1557 die Reichstage.[15] Er

  1. Ludew. rel. 1, 338.
  2. Vgl. Reg. Lud. n. 1876.
  3. Voigt 3, 12.
  4. Riedel 2, 185.
  5. Voigt 3, 105.
  6. Voigt 4, 85. Histor. dipl. Unterricht n. 22.
  7. 1374-91: Voigt 3, 153. 156. 158. 179. 195. 4, 15. 26. 83. 126.
  8. 1380–91: Voigt 3, 190. 193. 4, 42. 43. 129.
  9. Lünig 16 c, 36.
  10. Moser 34, 346.
  11. Moser 34, 346.
  12. 1331–83: Histor. dipl. Unterricht n. 14. 15. 18 u.s.w.
  13. Lünig C. F. 1, 413.
  14. 1530 u.s.w.: Histor. dipl. Unterricht n. 23 u.s.w.
  15. Gebhardi 1, 243. Westfäl. Zeitschr. 14, 50.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_399.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)