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Machthaber hören wollten. Gleichwohl, erklärte er, sei er bereit, sich der Folterung zu unterziehen.

(5.) 106 Diese Worte brachten eine gewaltige Veränderung bei den Versammelten hervor. Allseitig hatte man Mitleid mit Antipater, dessen Antlitz Thränen überströmten, sodass selbst seine Gegner weich wurden. Auch Herodes vermochte, so sehr er sich Mühe gab, seine Rührung nicht zu verbergen. Nikolaus aber führte nun die vom König begonnene Rede weiter, brachte alle Beweise vor, welche geeignet waren, die Anklage zu stützen und teils durch die Folter, teils durch anderweitige Zeugenaussagen erhärtet waren, 107 und erwähnte besonders des Königs Sorgfalt bei der Erziehung seiner Kinder, für die er jetzt nicht nur keinen Lohn erhalten habe, sondern aus einem Unglück ins andere geraten sei. 108 Er wundere sich, sagte er, nicht so sehr über die Verwegenheit der beiden schon bestraften Söhne, da sie durch ihre Jugend und durch schlechte Ratgeber dazu verleitet worden seien, die Rechte der Natur zu missachten und voreilig nach der Herrschaft zu streben. 109 Dagegen setze ihn Antipaters Ruchlosigkeit geradezu in Erstaunen, der bei den grössten Wohlthaten seines Vaters unempfindlich geblieben sei, während doch selbst das wildeste Tier gegen seinen Wohlthäter sich freundlich erweise, und den nicht einmal das traurige Los seiner Brüder von einem ähnlichen Verbrechen abgeschreckt habe. 110 „Du bist es gewesen, Antipater,“ fuhr er fort, „der die Pläne seiner Brüder zuerst zur Anzeige gebracht hat, du hast die Beweismittel gegen sie zusammengetragen und nach Fällung des Urteils ihre Hinrichtung betrieben. Wenn wir dir nun auch gerade daraus keinen Vorwurf machen wollen, dass dein Hass gegen sie so unersättlich gewesen ist, so müssen wir uns doch über dich wundern, dass du nun auf einmal in ihre Fussstapfen getreten bist, und wir können jetzt ermessen, dass du damals nicht das Wohl deines Vaters, sondern lediglich das Verderben deiner Brüder im Auge hattest und durch die Verfolgung ihrer Bosheit nur deshalb den Schein eines liebenden Sohnes erwecken

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/456&oldid=- (Version vom 13.12.2020)