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vernachlässigt und gleich in der ersten Nacht nach dessen Tod Schmausereien veranstaltet habe, 234 worauf auch die Empörung des Volkes zurückzuführen sei. Wenn er nun seinem Vater, der ihm so viele und grosse Wohlthaten erwiesen, mit so schlechtem Dank gelohnt habe, dass er am Tage wie ein echter Schauspieler Trauer geheuchelt und die Nächte hindurch in königlichen Lüsten geschwelgt habe, 235 so werde er sich gewiss gegen den Caesar, wenn er von ihm die Herrschaft erlange, nicht anders benehmen. Denn er ergötze sich an Gesang und Tanz, als ob sein schlimmster Feind, nicht aber ein ihm so nahestehender Wohlthäter aus dem Leben geschieden wäre. 236 Das Schlimmste aber sei, dass er erst jetzt zum Caesar komme, um dessen Bestätigung zu erbitten, nachdem er schon vorher alles nach seinem eignen Gutdünken vollführt habe, obgleich er das erst hätte thun dürfen, nachdem sein oberster Herr ihm die Vollmacht dazu gegeben. 237 Besonders viel Wesens machte Antipater aus dem im Tempel angerichteten Blutbad: an einem hohen Festtage seien Fremde wie Einheimische gleich Schlachtopfern hingewürgt und der Tempel mit den Leichen der Erschlagenen angefüllt worden, und das nicht etwa auf Geheiss eines Fremden, sondern dessen, der unter dem Vorwand königlicher Machtvollkommenheit sich zu dieser That habe hinreissen lassen, um in tyrannischer Willkür die schändlichste Ungerechtigkeit begehen zu können. 238 Daher sei es dem Herodes, der den Charakter des Archelaus genau gekannt habe, nicht einmal im Traume eingefallen, diesen zu seinem Nachfolger zu ernennen. Vielmehr habe er in dem Testamente, das den meisten Anspruch auf Rechtsgiltigkeit habe, dessen Gegner Antipas als König eingesetzt, und zwar nicht etwa zu einer Zeit, als seine körperlichen und geistigen Kräfte schon nachgelassen hätten, sondern bei vollem Verstande und im Besitze derjenigen körperlichen Rüstigkeit, die zu solchen Handlungen erforderlich sei. 239 Aber selbst wenn auch des Herodes Urteil über Archelaus früher schon ebenso gelautet hätte, als in dem

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 480. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/480&oldid=- (Version vom 12.12.2020)