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werde mit grösster Härte verfahren, um den Vorwurf der Weichlichkeit von sich abzuwälzen. 35 Als nun Quintilia zur Folter abgeführt wurde, trat sie einem ihrer Vertrauten auf den Fuss, um ihm anzudeuten, er solle Mut fassen und bei ihrer Qual nicht erzittern, da sie dieselbe standhaft ertragen werde. Chaerea liess sie darauf grausam foltern, allerdings nicht mit Willen, sondern nur aus Gehorsam gegen den ihm erteilten Befehl. Da aber die Qualen der Folter sie nicht zu überwältigen vermochten, führte Chaerea sie dem Caesar so entstellt vor, dass niemand sie ohne Mitleid ansehen konnte. 36 Auch Gajus vermochte sich beim Anblick ihres zermarterten Körpers der Rührung nicht zu erwehren und liess sie wie auch Pompedius frei ausgehen. Ja, er machte der Quintilia sogar noch ein Geldgeschenk, um sie für die ausgestandenen Qualen zu entschädigen und für ihre Standhaftigheit zu belohnen.

(6.) 37 Hierüber geriet Chaerea in gewaltige Angst, gleich als hätte er so grosses Leid über eine Person gebracht, die selbst ein Gajus zu trösten sich herabgelassen habe. Er sprach deshalb zu Clemens und Papinius, von denen der letztere ebenfalls Tribun, der erstere aber Befehlshaber der Praetorianer war: 38 „Wir haben gewiss nichts ausser acht gelassen, was zum Wohle des Caesars erforderlich war. Denn von denen, die sich gegen ihn verschworen haben, sind die einen durch unsere Mühe und Sorgfalt dem Tode verfallen, und die anderen so gefoltert worden, dass selbst Gajus bei ihrem Anblick Mitleid empfand. Und haben wir nicht mit Ehren Kriegsdienste gethan?“ 39 Als nun Clemens hierauf schwieg und durch sein Erröten verriet, wie sehr er sich der Befehle des Caesars schämte, gleichwohl aber es nicht für ratsam hielt, den Wahnsinn des Gajus offen zu tadeln, 40 wurde Chaerea zuversichtlicher und sprach freier und unbefangener von dem Elend der Stadt und des Reiches. „Allgemein ist man der Ansicht,“ führte er aus, „Gajus sei schuld daran. 41 Geht man aber der Sache auf den Grund, so bin ich es, mein Clemens, und

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 580. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/580&oldid=- (Version vom 12.12.2020)