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beitragen. Eine einzige Stunde ist ja schon für alle guten und edlen Männer kostbar, wenn sie mit reinem Sinn in einem freien Lande und nach den Gesetzen, die dessen Ruhm begründet haben, verlebt wird. 169 Nicht sprechen will ich hier von der früheren Freiheit, weil sie schon verloren ging, ehe ich das Licht der Welt erblickte. Der jetzigen aber will ich mich mit unersättlicher Lust hingeben und diejenigen selig preisen, denen es vergönnt ist, in dieser Stunde geboren zu werden. Nächst den unsterblichen Göttern gebührt dafür denen unser Dank, die es uns ermöglicht haben, dass wir die Freiheit, wenn auch erst spät, gemessen können. 170 Möge sie nur in alle Ewigkeit blühen und gedeihen! Uns aber, mögen wir nun jung oder alt sein, muss dieser eine Tag schon genügen. Die Alten werden es als ein ewiges Glück betrachten, wenn sie bei ihrem Hinscheiden die Freiheit besitzen; 171 den Jüngeren aber bleibt sie ein Denkmal des Edelsinnes, der unsere Vorfahren geziert hat. Auch uns darf daher jetzt nichts mehr am Herzen liegen, als dass wir in solchem Edelsinn leben, der allein den Menschen die Freiheit giebt und erhält. 172 Aus der Geschichte der Vergangenheit und aus meinen eigenen Erfahrungen weiss ich nun, wie grosses Unheil dem Reiche aus der Herrschaft eines Einzelnen erwächst, die alle Tüchtigkeit erstickt, jeden Edelmann in seiner Freiheit beeinträchtigt und Schmeichelei wie Furcht gross zieht, weil der Staat nicht nach der weisen Vorschrift der Gesetze, sondern nach Willkür verwaltet wird. 173 Denn seitdem Julius Caesar es sich beifallen liess, dem Volke seine Macht zu nehmen, seitdem er durch Hintansetzung der Verfassung den Staat erschütterte, das Recht mit Füssen trat und nur seinen Leidenschaften nachgab, existiert kein Leid, von dem das Reich nicht heimgesucht worden wäre, indem alle seine Nachfolger darin wetteiferten, die väterliche Sitte abzuschaffen und die Stadt, soweit sie dies vermochten, von wackeren und edlen Bürgern zu entvölkern. 174 Glaubten sie doch darin ihre Sicherheit zu finden, dass sie sich mit verbrecherischen und lasterhaften Menschen umgaben

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 600. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/600&oldid=- (Version vom 13.12.2020)