Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/621

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

glänzendsten Ehrenbezeugungen in sein Reich und gab allen Statthaltern in den Provinzen schriftlichen Befehl, ihn freundlich und zuvorkommend zu empfangen. 293 Agrippa beschleunigte seine Heimreise nach Möglichkeit, wie sich das von einem Manne erwarten liess, dem alles nach Wunsch gegangen war, und als er in Jerusalem anlangte, brachte er Dankopfer dar und liess keine der gesetzlichen Vorschriften ausser acht. 294 Aus diesem Grunde liess er auch viele Naziräer[1] scheren, und die goldene Kette, welche Gajus ihm geschenkt hatte und die ebenso schwer war wie die eiserne, von der seine königlichen Hände gefesselt gewesen, liess er als Andenken an seine frühere traurige Lage und deren spätere Wandlung zum besseren innerhalb des Tempels über der Schatzkammer aufhängen, damit sie dort Zeugnis dafür ablege, dass die grösste Macht vor dem Zusammenbruch nicht sicher ist und dass Gott den Gedemütigten wieder aufzurichten vermag. 295 Die Weihe der Kette bewies ja zur Genüge, wie der König Agrippa um einer geringfügigen Ursache willen seinen Thron mit dem Kerker hatte vertauschen müssen, und wie er bald nachher, von seinen Fesseln befreit, zu grösserer Macht als früher gelangte. 296 Daraus lässt sich die Lehre ziehen, dass die grösste Macht den Menschen nicht vor dem Sturze sichern, der Gestürzte aber auch wieder zur höchsten Würde emporsteigen kann.

(2.) 297 Als Agrippa nun allem, was die Ehre Gottes erheischte, nachgekommen war, entsetzte er Theophilus, den Sohn des Ananus, des hohepriesterlichen Amtes und übertrug dasselbe an Simon mit dem Beinamen Kantheras, den Sohn des Boëthos. Simon hatte noch zwei Brüder und seinen Vater Boëthos am Leben, dessen Tochter, wie oben erwähnt, den König Herodes geheiratet hatte. 298 Demnach gelangten sowohl Simon als sein Vater und seine Brüder zum Hohepriestertum, gerade so, wie auch

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 621. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/621&oldid=- (Version vom 12.12.2020)
  1. Asketische, gottgeweihte Personen, die ihr Haar lang wachsen liessen und denen dasselbe nach Ablauf einer bestimmten Frist vom Priester unter grosser Feierlichkeit geschoren wurde.