Seite:Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798).djvu/107

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

sehr liberal, und du mußt in seiner Gegenwart sein Weib schon sehr thätlich behandeln, ehe er aufthaut. Dieses Phlegma macht den Weibern bis zur ersten Klasse hinauf Muth, die Männer ohne Scheu und Zurückhaltung zu krönen. Ein junger Mann, der von aussen etwas verspricht und sich nur ein wenig zu insinuiren weiß, darf um seinen Unterhalt nicht verlegen seyn, wenn er sich mit Weibern befassen will. Es giebt Weiber hier, die zwey und drey junge Leute ordentlich besolden und es ihnen an keiner Bequemlichkeit fehlen lassen, wenn sie gefällig seyn wollen. Ich kenne hier einen französischen Emigranten, der auf diese Art sein Glück gemacht hat. Er kam im vorigen Sommer hieher ohne Geld und Bekannte und der Zufall führte ihn unter dem Fenster einer großen Dame vorbey, die ihn lieb gewann und zu sich bestellte. Seitdem ist er ein gemachter Mann. Er bewohnt zwey geschmackvoll meublirte Zimmer auf einer der besten Straßen, hat eine schöne Garderobe und wöchentlich 4 Dukaten zu verzehren. Dafür muß er die Frau Gräfinn pünktlich zur bestimmten Stunde besuchen und darf kein Auge auf ein anderes Frauenzimmer werfen. Die Männer sind um nichts gewissenhafter und suchen sich für die Ausschweifungen ihrer Weiber auf eine ähnliche Art schadlos zu halten.