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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

von der Zeit an, da sie anfangen zu lallen. Hier theilen ihnen schon Vater und Mutter ihre Erfahrungen mit, und lehren ihnen (was bis jetzt Manche bey den überzeugendsten Beweisen noch nicht glauben wollen) die Erlaubniß, die Christen zu betrügen. Sobald der Knabe gehen kann, schickt ihn der Vater in der Stadt umher, um einzukaufen und zu verkaufen. Die hiesigen Studenten sind für diese junge Mannschaft ein herrliches Exercitium, und wenn sie in dieser Schule heran gewachsen ist, so schickt man sie aufs Land, um einzukaufen. Hierzu wird schon größerer kaufmännischer Geist erfodert. Man hat mir sogar erzählt, daß die Juden von Zeit zu Zeit einige gute Köpfe von ihrer Religion in Böhmen und Mähren auf Reisen schickten, um diese beyden Länder zu studieren. Ich finde dieses eben nicht unwahrscheinlich, denn ich habe es in beyden Ländern mehr als zu sehr bestätigt gefunden, daß man hier eine richtige Aufklärung über die Producte, Manufacturen, Künste des Landes u. dgl. nicht bey Gelehrten, Beamten oder Pastoren, am wenigsten bey Ministern, sondern bey den Juden zu Prag suchen müsse. Diese sind wirklich die lebendigen Chroniken für einen Reisenden, und wenn man sie kirre zu machen versteht, so können sie mit Anekdötchen aus der Hofgeschichte du jour aufwarten, die wirklich allerliebst sind.