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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

teutschen Meilen. Mit den Federn wird ein starker Handel nach Sachsen getrieben und man rechnet, daß die Juden in Prag jährlich 46000. Zentner auf die Leipziger Messe bringen. Bey allen dem findet man aber doch durchaus in ganz Böhmen, die Hauptstadt ausgenommen, nur Betten von Stroh. Die Einwohner nehmen lieber Geld für ihre Producte, als daß sie sich selbst eine Bequemlichkeit dadurch verschaffen.

Prag ist eine sehr große Stadt, die lange nicht so düster als Wien ist, und in dieser Rücksicht viele Vorzüge vor der Residenz hat. Man glaubt auf einmahl in einer ganz neuen Welt zu seyn, sobald man hierher kommt, und man merkt es schon deutlich, daß man Sachsen näher gekommen ist. Alles ist auffallend verändert. Man trifft hier nicht den abscheulichen Stolz und die abscheuliche Grobheit der Wiener. Die Einwohner haben im Ganzen durchaus einen feinern Ton, eine andere Sprache, andere Sitten. Die Gesellschaften sind gebildeter und die Unterhaltung ist freier. Von Spionen hört man selten etwas. Kurz, der Geist befindet sich hier viel besser, aber der Körper auch viel schlechter, als zu Wien. Man lebt durchaus frugal, und in den Tafeln herrscht keine Pracht, sondern jene glückliche Mittelmäßigkeit, die der Oesterreicher und Baier gar