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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

nicht kennt. Man sieht hier keine Harlekinaden und keinen Kasperle, aber ein ganz artiges Theater, das mit ziemlich geschickten Schauspielern besetzt ist.

Prag hat eine herrliche und stolze Lage, wozu die Moldau, an deren beiden Ufern die Stadt liegt und das königliche Schloß nicht wenig beitragen. Die Lage von Dresden kann sich mit dieser nicht vergleichen. Die hiesige Brücke, von der die Ausländer so viel zu rühmen wissen, verdient aber wirklich die Ehre nicht, die man ihr wahrscheinlich wegen des bekannten Anekdötchens vom Beichtvater Johann angethan hat. Sie ist durchaus mit einer ungeheuren Menge kolossalischer Bildsäulen überladen, die diesen oder jenen Mönch in einem heiligen Feuereifer vorstellen. Ungefähr mitten auf der Brücke sieht man rechts ein kleines eisernes Geländer an der Stelle, wo Johann hinabgestürzt worden seyn soll. Die Vorübergehenden küssen an diesem Orte ein in die Mauer eingemachtes Kreuz mit 5. Sternen, wovon sie, ich weiß nicht was für eine Fabel erzählen. Wäre diese Brücke so wie die Dresdner mit einem eisernen Geländer umfaßt und zu beiden Seiten mit Sitzen versehen, so würde sie an schönen Sommerabenden einen herrlichen Spatziergang abgeben.