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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

ist, heißt Herr Doctor, und der Notarius Herr Reichssekretär. Ich könnte dich hier mit hundert Anekdoten ennuyiren, wenn es der Mühe werth wäre, länger davon zu sprechen.

Die dritte Klasse machen die Kanzelleypersonen aus. Hier möchte ich wirklich Hogarths Griffel und Lichtenbergs Zauber des Witzes haben, um dir diese Karrikaturen darzustellen. Sie werden von dem Kurfürsten von Mainz bestellt, und ziehen ihren Gehalt von den Sporteln der Kanzelley. Diese sind aber so mager, daß die armen Leute mit Weib und Kind in der äussersten Dürftigkeit leben. Die Protonotaren stehen unter ihnen oben an und können immer noch auskommen, wenn sie gute Wirthe sind. Einer unter ihnen zeichnet sich als Kameral-Schriftsteller zu seinem Vortheile aus. Sie haben den Rang mit den Advokaten und Prokuratoren. Die Notarien, welche das Protokoll in den Senaten führen, sollten eigentlich studierte Juristen seyn, sind aber meist verlaufene Studenten oder Findelkinder, ohne alle Erziehung und Kenntnisse, und schwerlich ist je einer von ihnen aus den Grenzen seiner schmutzigen Vaterstadt gekommen. Auf der Kammer machen sie die Lakaien der Assessoren, lüften ihnen die Kleider, ziehen ihnen die Stiefel aus, reinigen ihnen die Schuhe, friesieren sie und sind in dieser Rücksicht die gefälligsten Leute von der Welt. Sie sollen