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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

wie die jungen Rehe. Fast jeder Practikant hat unter ihnen eine Geliebte. Sie geben ihren Liebhabern Rendevous an den Fenstern früh und spat, nehmen Briefe von ihnen an, gehen mit ihnen spatzieren, spielen und tanzen mit ihnen auf mancherley Art, lassen sich von ihnen besingen nach Endreimen und ungebunden, und auch wohl entführen. Dies hat freilich oft nicht die besten Folgen. Es giebt Mädchen hier, die sich seit 3 und 4 Jahren von allen Practikanten nach der Reihe haben lieben lassen, aber eben darum schwerlich je Männer bekommen werden. Auch an Schlägereien fehlt es bey diesem Dienste des kleinen Kriegsgottes nicht, und erst vor kurzem haben sich zwey wegen ihrer Göttinn die Hälse brechen wollen, sich aber doch zuletzt auf eine sehr sonderbare Art verglichen, und wenn ich nicht irre, in diesem Vergleiche sogar die Stunden bestimmt, in denen einer nach dem andern die gemeinschaftliche Geliebte lieben darf. Daß bisweilen sichtbare Spuren einer solchen Liebe zurückbleiben müssen, ist eine ganz natürliche Folge, die aber desto schlimmer ist, wenn beyde Theile in Rücksicht ihrer Geburt oder anderer Verhältnisse so weit von einander entfernt sind, daß an keine Verbindung zu denken ist. Uebrigens ist es hier mehr als irgendwo Sitte, seiner Geliebten untreu zu werden. Man weint freilich bey der Trennung, schreibt sich auch wohl 2. 3. Briefe, aber damit pflegt auch Alles ein