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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

gezwungen, silentium zu rufen, wenn des Lärmens und Schwärmens um ihn kein Ende wird. Bisweilen lassen sich auch Dilettanten und Dilettantinnen hören, aber auch mit wenigem Glücke, weil stärkere Leidenschaften jedes andere Gefühl verdrängen, es müßte dann seyn, daß sich die Göttinn des Tages oder die Lais des Publikums hören läßt. Dann wird freilich jeder Odem angehalten, man drängt sich hinzu, man hebt sich auf die Zehen, es herrscht eine tiefe Stille, die nur selten durch ein unwillkührliches bravo, bravissimo unterbrochen wird, bis sich endlich der Beifall in ein allgemeines Klatschen ausläßt. Man schreit von allen Seiten: herrlich, göttlich, c’est excellent, wir beten dich an u. dgl. Zuletzt endigt sich Alles mit einem kleinen Balle, und dieser ist eigentlich die Lockspeise, welche die jungen Damen und Herrn dahin zieht. Die Alten gehen dann nach Hause, und kein ernster strafender Blick und kein Mentor stört den lauten Ausbruch der Freude mehr. Man spricht, man ras’t, man schwärmt und lärmt, aber man tanzt nicht. Ueberhaupt hat man gar keinen Begriff von der schönen Kunst, die man tanzen nennt, wiewohl es nicht zu läugnen ist, daß es einige recht gute Tänzer hier giebt. Sie werden aber von dem allgemeinen verdorbenen Geschmack fortgerissen, und derjenige würde der Gegenstand des Gespräches du jour werden, der eine Menuet, den schönsten der schönen Tänze aufführen wollte.