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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

werden große Guckaugen machen und dem Onkel Doktor Sartorius alle Monat eine hübsche Postkarte schicken. Ja, werdet ihr das?“

„Mit Tieren drauf oder mit Menschen?“ fragte Elschen, die Ältere, besinnlich.

„Nein, mit Häusern und Städten!“ rief Marthchen lebhaft. „Ich schick’ Onkel Doktor bunte Postkarten mit Häusern.“

„Und ich schwarze mit Menschen und Tieren,“ entschied Elschen.

Und somit war die Sache vollständig und endgültig erledigt. Bergers hatten wirklich und wahrhaftig beschlossen, nach Italien zu reisen. Die Kunde verbreitete sich mit Windeseile in der Nachbarschaft.

Der Rausuppensche Herr erschien eines Vormittags und wünschte Robert Berger zu sprechen. Der starke Mann erschrak, als er die abgezehrte Gestalt des Kranken sah. „Das nenn’ ich aber vernünftig, daß Sie reisen wollen, lieber Herr Pastor,“ sagte er und setzte sich. „Wir werden Sie alle mit Sehnsucht und Freude zurückerwarten. Aber einen Vertreter haben Sie auch! Wer hätte dem kleinen blassen Kerl mit dem Schauspielergesicht solch eine Mordscourage zugetraut?“

Robert Berger öffnete die Augen weit. „Ich weiß ja von gar nichts,“ sagte er.

„Wie?“ ereiferte sich der alte Herr, „daß der Herr Kandidat dem Finkenhorstschen sein Gut und Leben gerettet hat – das wissen Sie nicht?“

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/101&oldid=- (Version vom 31.7.2018)