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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Die Freunde umarmten und küßten einander. Claires blasses Gesicht strahlte wie eine helle Blume.

Erschöpft sank der Kranke auf seine Kissen zurück.

Eine Stunde später ließ Robert Berger seinen Freund zu sich bitten. „Mein Herzensjunge, ich hab’ mir die Sache reiflich überlegt. Ich bin doch erst in ein paar Wochen reisefähig. Wozu aber sollt ihr beide Zeit verlieren? Da, meine ich, wäre es das Rechte, wenn du mit deiner Braut nach Mitau abreistest und dich dort ordinieren und möglichst bald trauen ließest! Was meinst du dazu?“

Der zweite und der kleine Finger Ernst Philippis setzten sich sofort in eine rasende Trillerbewegung. Mit einem freudigen Lächeln blickte der Kandidat auf. „Das ist mir sehr recht. Ja, was kann ich mir denn Schöneres wünschen?“ sagte er. „Du bist nun, Gott sei’s gelobt, überm Berg, alter Junge, und kannst uns entbehren.“

Robert Berger drückte ihm die Hand. „Noch eins,“ sprach er – „nehmt die Kinder mit, meine Frau sorgt sich um ihre kleinen Mädchen, und die sind doch völlig unnütz sozusagen auf brennendem Boden.“

„Aber selbstverständlich ...“

„Mir armen Krüppel wird ja die wilde Horde nichts anhaben,“ fuhr Robert Berger gedankenvoll fort. „Ich habe ja auch schon mein Teil weg; aber die Kinder möcht’ ich so bald

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/104&oldid=- (Version vom 31.7.2018)