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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

„Zurück!“ donnert eine Stimme hinter dem Manne – „Er ist ein Friedloser – ein Mörder!“ – und verschüchtert ziehen sich die armen kleinen Hände zurück.

Ein Flüstern geht durch die Reihen ... „Ein Ungläubiger – ein Friedloser – ein Mörder“ ... wogt es lauter und lauter um ihn – „Ein Mörder!“ .... – – – – In kalten Schweiß gebadet, mit gurgelndem Stöhnen richtet sich Stepan Nikolaitsch auf und starrt wild um sich her. Das Schreckbild ist zerflossen wie ein grauer Nebel. – –

Knatternde Schüsse, jammerndes Wehgeschrei, herbe Kommandorufe gellen von der Straße her an sein Ohr. Hat denn die Hölle alle grausen Schreckgespenster losgelassen, um ihn zu foltern? Ach, bekennen können, seine Schuld, seine große Schuld bekennen dürfen – welch eine Himmelsgabe wäre das!

Aber er ist ja gefesselt – er kann sich ja nicht rühren – mit einem schmerzlichen Seufzer sinkt er zurück – und schließt die Augen. Wo ist sein Friede hin? Verzweifelt reißt er an den Fesseln, die seine Handgelenke umschnüren. Umsonst.

Da dröhnts im Flur – durcheinandergellende Stimmen, wirre Rufe. Hastige Schritte poltern die Treppe empor. An der Tür wird gerüttelt. Fußtritte, Kolbenschläge donnern dagegen – die Tür stürzt krachend ein. Blitzende Uniformen, gerötete Gesichter, rauchgeschwärzte Hände, zornige Rufe ....

„Noch einer“, schallts ihm entgegen – – „Nehmt ihn fest!“

Das Zimmer ist voller Soldaten.

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/182&oldid=- (Version vom 31.7.2018)