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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Boot und griff begierig nach den Blumen – das Boot geriet in ein bedenkliches Schwanken – die weiße Gestalt verlor das Gleichgewicht, stürzte lautlos über den Bootrand und versank.

Ein Schreckensruf aus vier Kehlen – am lautesten schrie Darthe – schon sprang Wolf ins Wasser. Willy zog hastig seine Jacke aus und stand zum Sprunge bereit. Grendsche-Jehkab saß bleich und vorgebeugt – seine Augen bohrten sich suchend in die spiegelnde Wasserfläche.

„Ruhig, Willy Jungherr, – nicht springen!“ rief er. „Da, da ist sie!“

Er tat ein paar Ruderschläge und steckte das Ruder steif ins Wasser.

„Festhalten!“ rief er überlaut.

Ein paar weiße Arme griffen nach dem rettenden Ruder, ein todblasses, weißes Gesicht, von triefendem rötlichem Haar umflossen, tauchte auf.

„Die Ranken halten mich fest!“ keuchte sie tonlos.

Wolf tauchte auf wie eine Ente, schwamm an Marga heran und riß mit seinen jungen, sehnigen Armen die gierigen Ranken von der zarten Gestalt. Seine Augen funkelten.

„Fertig!“ rief er. „Nun zieht!“

Jehkab und Willy griffen zu und hoben und zerrten das junge Mädchen ins Boot.

„Schnell ans Ufer!“ kommandierte Wolf. „Kümmert euch nicht um mich, ich kann schwimmen.“

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/204&oldid=- (Version vom 31.7.2018)