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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

hinauf, so schnell sie die nackten Füße trugen. Ihre rote Schürze flatterte im Winde. Vergessen und voneinander getrennt lagen die Sonntagsschuhe und Strümpfe im Grase.

Die Milch stand auf dem Herd und Darthe daneben, da wurde es in der rauchigen dunklen Stube hell: Fräulein Marga war hereingetreten, und Wolf warf vor ihr die Tür auf, als sei sie eine Königin. Das nasse Gewand klebte an ihr, vorsichtig raffte sie das Kleid zusammen. Auch der hübsche Bursche war pudelnaß, und wo er ging und stand, da bildeten sich kleine Lachen.

Er schleppte einen Dreifuß herbei. „Setzen Sie sich, Fräulein Marga, – wo ist denn Mutter Greetsche?“

Mutter Greetsche, eine stämmige Frau, kam aus der Kammer und schlug die Hände überm Kopf zusammen.

„Wai Gottchen, – was für’n Unglück, was für’n Unglück!“ jammerte sie.

Sie küßte Marga die Hand und Wolf den nassen Ärmel.

Er lachte „Nu Mutter Greetsche, noch ist ja nichts entzwei.“

„Gott sei Dank! Gott sei Dank!“ sagte die Frau. „Wär’ ja auch jammerschade um so’n schönes Fräuleinchen! Das muß noch lange leben und ’nen jungen Baron glücklich machen.“

Wolf und Marga wurden trotz ihrer Nässe dunkelrot.

„Nu Jehkab, – was stehst du da unnütz herum, du Taugenichts?“ fuhr die Frau fort. „Kannst du nicht dem gnädigen Fräuleinchen die Stiefelchen ausziehen – wie? Die Füßchen sind ja klitschnaß.“

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/206&oldid=- (Version vom 1.8.2018)