Seite:Franz Delitzsch - Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage.pdf/15

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung

dem Wunsche des Friedens zu begrüßen, so steht der Friede doch erst in Aussicht, er ist noch nicht geschlossen, der Friedensschluß ist Sache beider Kirchen, nicht mit Ignorirung der Kirchen die Sache einzelner ihrer Glieder.

.

 Das Verhältniß beider Kirchen zu einander ist also noch wesentlich dasselbe, weil ihr Bekenntnißstand noch derselbe ist wie ehedem. Wenn wir die uns gebotene Hand der Gemeinschaft nicht zurückweisen, so könnte es nur deshalb geschehen, weil überhaupt die Lehrdifferenzen beider Kirchen nicht als fundamental, nicht als gemeinschafttrennend anzusehen seien. In diesem Falle müßten wir annehmen, daß der Kampf, welchen unsere Kirche Jahrhunderte hindurch gegen die reformirte geführt hat, vor Gott ein Greuel gewesen ist und daß Fleisch und Blut, ja der Teufel selbst den von Anfang an möglichen und gottgefälligen Frieden beider Kirchen verhindert hat. Es wäre schrecklich wenn es so wäre; indeß wenn die Voraussetzung, daß die Unterschiede beider Kirchen unwesentlich seien, wahr sein sollte, so dürften wir selbst vor so hartem Urtheil nicht zurückbeben und wir müßten um Gottes willen über unsere Vergangenheit den Stab brechen. Gott sei Dank, daß wir das nicht nöthig haben! Wohl wissen wir, daß wir uns an dem Gotte der Wahrheit versündigten, wenn wir unsere lutherische Lehre um jeden Preis zu behaupten suchten eben nur weil wir sie ererbt, weil sie die unsere ist. Das Erbe der Väter muß immer aufs neue in den Schmelztiegel des Wortes Gottes, und wehe den Kindern, die sich nicht freuen wenn in Feuer aufgeht was nicht feuerbeständig ist! Aber wir können ohne Selbstruhm laut und fröhlich bezeugen, daß unsere bekenntnißmäßige Lehre in allen mit der reformirten Kirche streitigen Punkten diese Feuerprobe siegreich bestanden hat. In der Periode des herrschenden Rationalismus war sie wie in den Tod dahingegeben. Aus diesem Tode ist sie wiedererstanden, mit der Macht göttlichen Wortes die Herzen überzeugend und sich an ihnen bezeugend,

Empfohlene Zitierweise:
Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung. Theodor Bläsing, Erlangen 1852, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Franz_Delitzsch_-_Die_bayerische_Abendmahlsgemeinschaftsfrage.pdf/15&oldid=- (Version vom 10.11.2016)