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Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung

falschen Frieden schließen, die Unwissenheit begünstigen, die Lauheit heiligen. Thun das ihre Kinder, so handeln sie ohne Auftrag und wider den Geist der Mutter.

 Die alte solcher falschen Abendmahlsgemeinschaft feinde[WS 1] Praxis sieht allerdings sehr lieblos aus und wo sie, wie bei uns in Bayern, in Vergessenheit und Verfall gerathen ist, erscheint sie beinahe wie die Inhumanität selber. Auch wollen wir nicht läugnen, daß diese Praxis, ausgeübt von solchen, welche nur einen orthodoxen Kopf und nicht in Liebe lebendigen Glauben haben, recht abstoßend und seelenverderblich werden kann. Wenn überhaupt die Seelsorge ein unaussprechlich zartes Geschäft ist und, wie irgendwo Bernhard von Clairvaux sagt, jede Seele einem bis oben an mit Christi Blut gefüllten Gefäße gleicht, welches der Seelsorger zu tragen hat, ewig verantwortlich für jeden verschütteten Tropfen: so ist hier wo es sich um Theilnahme am heil. Abendmahl handelt, diesem allerzartesten Geheimniß der für uns gekreuzigten und nun verklärten Liebe, doppelte und dreifache Zartheit von Nöthen, und es heißt hier im unendlich höchsten Sinne: verdirb den nicht durch deine Speise, für welchen Christus gestorben ist. Wo aber jene Praxis von einem nicht blos namenchristlichen und pharisäisch lutherischen Pfarrer gehandhabt wird, da birgt die rauhe Schale einen süßen Kern, die harte Muschel eine köstliche Perle, die scheinbare Schroffheit einen seligen Zwang.

 Das heil. Abendmahl ist ja nicht allein eine Selbstdargabe des Herrn, es ist auch ein Bekenntniß der seinen Tod verkündigenden Gemeinde; es ist der Culminationspunkt des Gottesdienstes, der Hauptakt der kirchlichen Gemeinschaftsbethätigung, der höchste Ausdruck und Vollzug des Glaubenslebens der Gemeinde[1]. Wer an dem heil. Abendmahl in dieser oder jener


  1. Worte Höflings, von der Composition der christlichen Gemeindegottesdienste. Erl. 1837. S.17 ff.[WS 2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. feind seiende
  2. Johann Wilhelm Friedrich Höfling, Von der Composition der christlichen Gemeinde-Gottesdienste oder von den zusammengesetzten Akten der Communion. Eine liturgische Abhandlung MDZ München
Empfohlene Zitierweise:
Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung. Theodor Bläsing, Erlangen 1852, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Franz_Delitzsch_-_Die_bayerische_Abendmahlsgemeinschaftsfrage.pdf/20&oldid=- (Version vom 10.11.2016)