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Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung

lutherische Kirche nicht für die rechtgläubige halten können, ohne die reformirte für eine irrgläubige zu halten und weil es wahrlich keine gleichgültige Sache ist, ob man sich zu jener bekenne oder dieser. Nun wissen wir freilich auch, daß viele Reformirte schriftgemäßer glauben als ihre Kirche bekennt, und überhaupt ist von dem Bekenntniß einer Kirche noch kein Schluß zu ziehen auf den Glauben aller ihrer Glieder. Aber das ist eben die Krankheit unserer Zeit, daß der Einzelne in demselben Maße als er früher ganz und gar in dem Natur- und Kirchenzusammenhange aufging in dem er sich vorfand, sich jetzt aus diesem Natur- und Kirchenzusammenhange isolirt und alle Wechselbeziehung der Verpflichtung und der Verantwortlichkeit aufhebt. Als ob die Kirche nicht da wäre, meinen Glieder der lutherischen und reformirten Kirche glauben zu können was sie wollen. Und allerdings sind sie frei, aber ebenso gewiß ists, daß das Bekenntniß der Kirche alle ihre Glieder überwaltet und daß derjenige dessen Glaube in Widerspruch steht mit dem Bekenntnisse seiner Kirche sich in gewissenswidrigem Widerspruch befindet mit sich selber. Denn er gehört der Kirche nicht innerlich an, welcher er äußerlich angehört. Bei diesem Subjectivismus unserer Zeit ist eine strengere Abendmahlspraxis doppelt nothwendig. An der Schwelle des Allerheiligsten soll er zur Besinnung und Ueberzeugung seiner Unkirchlichkeit gebracht werden. Diese Schwelle soll er nicht überschreiten.


 Fassen wir unsere Ueberzeugung nun kurz zusammen, so kann es in folgenden Thesen geschehen: 1) Das h. Abendmahl ist von Seiten des Herrn Mittheilung seines wahren Leibes und Blutes an die Gemeinde, von Seiten der Gemeinde Hinnahme dieser allerheiligsten Gaben unter Verkündigung seines Todes. Es hat also eine confessionelle Seite und ist wie der Gipfel des Gemeindegottesdienstes, so auch der Gipfel des fort

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Franz Delitzsch: Die bayerische Abendmahlsgemeinschaftsfrage. Ein Anfang eingehender Erörterung. Theodor Bläsing, Erlangen 1852, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Franz_Delitzsch_-_Die_bayerische_Abendmahlsgemeinschaftsfrage.pdf/26&oldid=- (Version vom 10.11.2016)