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suchten die Franzosen eine Bestimmung durchzusetzen, wonach der Kaiser durch eine Verletzung des Westfälischen Friedens die Kaiserkrone verwirkt haben solle[1], drangen aber damit nicht durch. Einzelne der Reichspublicisten erörtern im Zusammenhang mit diesem Gegenstande das Recht des Widerstandes der Stände gegen den die Capitulation verletzenden Kaiser, wie ja schon unter Karl V. selbst die Glieder des Schmalkaldischen Bundes ihre Waffenerhebung unter Anderm mit der Verletzung des Artikels gerechtfertigt hatten, der dem Kaiser verbot „einich fremde kriegsfolk ins reich (zu) füren“[2]. Leicht erklärlich gelangt die publicistische Erörterung der Frage zu keinem festern Ergebniss, als dass im äussersten Falle der andere Theil nicht schuldig sei den versprochenen Gehorsam zu leisten und gegen Gewalt dem Volke anfangs defensive und nachgehends offensive zu handeln billig freistehe[3].

Soweit es an der Hand der Urkunden möglich ist, die Genesis der ältesten WC. zu verfolgen[4], entsprang sie aus einer zwiefachen Wurzel: einer Erinnerung an die jüngste Vergangenheit, einer Sorge vor dem Kommenden. Erfahrungen, die man unter Maximilian I. gemacht hatte, und der Hinblick auf die Gefahren, die der „deutschen Freiheit“ von der Uebermacht des spanischen Königs drohten, beides spiegelt sich in den Artikeln der WC. wieder. Das älteste Actenstück dieses Zusammenhangs, der erste Keim der WC., ist die Verschreibung Maximilians vom 1. September 1518 für den Fall, dass die Kurfürsten seinen Enkel zum römischen Könige wählen würden[5]. Da Maximilian am 12. Januar 1519 starb, so kam der Vertrag nicht zur Ausführung. Aber seine Bedingungen wurden dann mit solchen verbunden, zu denen Maximilians eigenmächtiges Verhalten, namentlich seine


  1. So ist die ältere Angabe, wonach der Kaiser durch Verletzung eines Artikels der WC. der Krone verlustig gehen solle (Pütter, Histor. Entw. II 258), zu berichtigen: Heide, Forschungen zur deutschen Geschichte XXV (1885) S. 63.
  2. Art. 13. Ranke, deutsche Geschichte III 130; IV 311 ff.
  3. J. D. v. Gülich, Illustratio capitul. noviss. (Frankfurt 1691) S. 161.
  4. Jetzt in den RTA., vorher in dem Aufsatze von 0. Waltz, Forschungen z. deutschen Gesch. X (1870) S. 213.
  5. RTA. I S. 111 A. 2.
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Frensdorff: Das Reich und die Hansestädte. Weimar: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 20 = 33 , 1899, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frensdorff_Das_Reich_und_die_Hansest%C3%A4dte_122.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)