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einander im tierischen Leben oft widerstreiten. Man treibe hier eigentlich biologische Psychologie, studiere die psychischen Begleiterscheinungen biologischer Vorgänge. Als Vertreter dieser Auffassung sind die „Ichtriebe“ und die „Sexualtriebe“ in die Psychoanalyse eingezogen. Zu den ersteren rechneten wir alles, was mit der Erhaltung, Behauptung, Vergrößerung der Person zu tun hat. Den letzteren mußten wir die Reichhaltigkeit leihen, die das infantile und das perverse Sexualleben verlangen. Da wir bei der Untersuchung der Neurosen das Ich als die einschränkende, verdrängende Macht kennen lernten, die Sexualstrebungen als das Eingeschränkte, Verdrängte, glaubten wir nicht nur die Verschiedenheit, sondern auch den Konflikt zwischen beiden Triebgruppen mit Händen zu greifen. Gegenstand unseres Studiums waren zunächst nur die Sexualtriebe, deren Energie wir „Libido“ benannten. An ihnen versuchten wir unsere Vorstellungen, was ein Trieb sei und was man ihm zuschreiben dürfe, zu klären. Dies ist die Stelle der Libidotheorie.

Ein Trieb unterscheidet sich also von einem Reiz darin, daß er aus Reizquellen im Körperinnern stammt, wie eine konstante Kraft wirkt und daß die Person sich ihm nicht durch die Flucht entziehen kann, wie es beim äußeren Reiz möglich ist. Man kann am Trieb Quelle, Objekt und Ziel unterscheiden. Die Quelle ist ein Erregungszustand im Körperlichen, das Ziel die Aufhebung dieser Erregung, auf dem Wege von der Quelle zum Ziel wird der Trieb psychisch wirksam. Wir stellen ihn vor als einen gewissen Energiebetrag, der nach einer bestimmten

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/132&oldid=- (Version vom 21.5.2018)