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Resignation, zu der sie sich entschloß, der ganze Spuk vorüber war.

Über die Herkunft dieses unbewußten Strafbedürfnisses, meinen wir, ist kein Zweifel. Es benimmt sich wie ein Stück des Gewissens, wie die Fortsetzung unseres Gewissens ins Unbewußte, es wird auch dieselbe Herkunft haben wie das Gewissen, also einem Stück Aggression entsprechen, das verinnerlicht und vom Überich übernommen wurde. Würden die Worte nur besser zusammenpassen, so wäre es für alle praktischen Belange nur gerechtfertigt, es „unbewußtes Schuldgefühl“ zu heißen. Theoretisch sind wir eigentlich im Zweifel, ob wir annehmen sollen, daß alle aus der Außenwelt zurückgekehrte Aggression vom Überich gebunden und somit gegen das Ich gewendet werde, oder daß ein Teil von ihr seine stumme und unheimliche Tätigkeit als freier Destruktionstrieb im Ich und Es ausübe. Wahrscheinlicher ist eine solche Verteilung, doch wissen wir nichts weiter darüber. Bei der ersten Einsetzung des Überichs ist gewiß zur Ausstattung dieser Instanz jenes Stück Aggression gegen die Eltern verwendet worden, dem das Kind infolge seiner Liebesfixierung wie der äußeren Schwierigkeiten keine Abfuhr nach außen schaffen konnte, und darum braucht die Strenge des Überichs nicht einfach der Härte der Erziehung zu entsprechen. Es ist sehr wohl möglich, daß bei späteren Anlässen zur Unterdrückung der Aggression der Trieb denselben Weg nimmt, der ihm in jenem entscheidenden Zeitpunkt eröffnet wurde.

Personen, bei denen dies unbewußte Schuldgefühl

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/151&oldid=- (Version vom 21.5.2018)