Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/121

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 Vert.: Haben Sie jemals den Urin des Mannes untersucht? Dr. Chantraine: Ich glaube nicht. Vert.: Ich wünsche eine bestimmte Antwort von Ihnen. Dr. Chantraine: Bestimmt kann ich es nicht sagen. Vert.: Ich bin nicht Mediziner, bin aber der Meinung, wenn der Arzt den Schmerz nicht erkennen kann, dann nimmt er zunächst eine Harnuntersuchung vor. Dr. Chantraine schweigt. Vert. Rechtsanwalt Dr. Niemeyer: Herr Doktor, wenn jemand über Kopfschmerz klagt, ist alsdann der Kopfschmerz an einer äußeren Erscheinung zu erkennen? Dr. Chantraine: Bisweilen allerdings. Vert. Rechtsanwalt Lenzmann: Wir verzichten darauf, über dieses Thema die medizinischen Experten zu vernehmen. Wir trauen dem hohen Gerichtshof so viel medizinische Kenntnis zu, daß er sich über dieses Thema selbst ein Bild wird machen können. – Schreinermeister Sauren machte folgende Aussagen: Er habe mehrere Jahre in Mariaberg als Schreinermeister gearbeitet. Er habe einmal gesehen, daß Forbes, als er eines Abends gegen 7 Uhr nach Hause kam, von einer Anzahl Brüdern ergriffen, geschlagen, gestoßen und zur Treppe hinauf in eine Zelle gezerrt wurde. Forbes habe geschrien und gebeten, ihn loszulassen, er werde allein gehen, diesem Verlangen haben aber die Brüder nicht entsprochen. Er habe außerdem mehrfach gesehen, daß Kranke von Wärtern und Brüdern mißhandelt, gestoßen, geschlagen und getreten wurden. Einmal habe er gesehen, wie der Wärter Krings einem Kranken ein Bein stellte. Bruder Heinrich habe einen Kranken mit einem Schlüsselbund auf den Kopf geschlagen. Er selbst sei einmal von dem Bruder Florian heftig auf die Schulter geschlagen worden, weil er in die Küche gekommen sei. Er habe nicht gewußt, daß es verboten sei, in die Küche zu gehen. Er habe sich dagegen verwahrt und dem Bruder Florian gesagt: Sie haben kein Recht, mich zu schlagen, ich bin kein Kranker. Vert. Rechtsanwalt Lenzmann: Wurden die Kranken geschlagen? Zeuge: Allerdings, vielfach. Den Kranken wurde von den Brüdern oftmals mit den