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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

Oberin erhalten. – Hafnergehilfe Georg Wagner, Bruder der Minna Wagner: Seine Schwester habe ihm geklagt, die Oberin habe ihr vorgehalten, daß sie, seitdem sie bei ihm (Zeugen) verkehre, ein „schlechtes Mensch“ geworden sei, und bei ihm mit einem „Kerl“ verkehre. Er habe davon nichts gemerkt, seine Schwester habe sich bei ihm gut aufgeführt. Später wurde von der Angeklagten auch behauptet, daß seine Schwester die Salzsäure selbst genommen habe, weil sie guter Hoffnung war. – Vors.: Und das hielten Sie auch für unberechtigt? – Zeuge: Jawohl, sie hat ja nie mit einem „Mannsbild“ was zu tun gehabt. (Heiterkeit.) Im weiteren bestätigte der Zeuge, daß sein Großvater vom Schlage getroffen worden sei, wann das war, ob am Firmungstage seiner Schwester, wisse er nicht. – Angekl: Ich habe der Minna niemals nachgesagt, daß sie unmoralisch war. – Frau Wagner bestätigte die Angaben ihres Mannes. – Kammerfrau Maier hatte eine Reihe von Jahren im Stift gedient und war im allgemeinen mit der Angeklagten gut ausgekommen. – Vors.: Wie war es mit deren Wahrheitsliebe? – Zeugin: Gelogen hat sie wohl auch manchmal. Man hatte ja manchen Verdruß mit ihr. Mit den Stiftsdamen war aber auch schlecht auszukommen. Die eine hatte keine Zähne, die andere hatte noch einige, einer war das Fleisch zu hart, der anderen zu weich, der einen zu gesalzen, der anderen zu wenig, eine aß lieber Weißwürste, die andere wollte Filetbeefsteaks haben. (Heiterkeit.) Auf Befragen des Verteidigers gab die Zeugin noch an, daß manche der Damen aus Bequemlichkeit sehr üble Gewohnheiten hatten, die sich nicht näher wiedergeben lassen. Eine der Damen war eine große Katzenliebhaberin. Sie ließ die Fenster nie öffnen, weil sie fürchtete, die Katzen könnten sich erkälten. (Heiterkeit.) – Vert.: Ließ die Dame ihre Lieblingskatze nicht mit einem seidenen Sonnenschirm spazieren führen? (Heiterkeit.) – Zeugin: Das weiß ich nicht. – Vert.: Diese Katze soll, als sie gestorben war, feierlich

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/201&oldid=- (Version vom 31.7.2018)