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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

und es war eine Weile besser. (Heiterkeit.) Von den Stiftsdamen habe die Angeklagte gesagt: „Die ganze Zeit lamentieren die ‚alten Laster‘ über Krankheit, aber beim Fressen und Saufen merkt man nichts davon!“ (Heiterkeit.) – Kriminalschutzmann Anton Jailner bekundete, daß ihm bei seinen Ermittelungen berichtet wurde, es sei im Stift geäußert worden: „Der Minna Wagner werde man doch nichts glauben, denn sie sei Konvertitin.“ Wer das gesagt, ließ sich nicht feststellen. – Es folgte eine Reihe von der Verteidigung geladener Leumundszeugen. Diese bekundeten: Die Angeklagte habe sich bei Wohltätigkeitsveranstaltungen betätigt, für Arme Handarbeiten gemacht und das Bestreben gehabt, ihren Stiftsdamen eine Freude zu machen. Mehrere Ministerialräte aus dem Ministerium des Innern bezeichneten die Rechnungsführung der Angeklagten als musterhaft: einige Freundinnen hielten die Angeklagte für energisch, aber gutmütig. – Kapuzinerpater Coelestin aus Altötting sollte bekunden, daß Fräulein v. Heusler ihm nach einer Beichte erzählt habe, eines ihrer Mädchen sehe immer einen Hund mit feurigen Augen, und daß er erwidert habe, so etwas gebe es nicht. – Zeuge: Er erinnere sich dessen nicht, solche Sachen treten zu oft an ihn heran. Er müsse überhaupt sein Erstaunen aussprechen, daß man einen Priester wegen solcher Lappalie vor Gericht rufe. – Vert. R.-A. Dr. v. Pannwitz (sehr heftig): Ich verbitte mir entschieden von einem Zeugen Vorhaltungen, was zur Würde der Justiz gehört und was nicht. – Vors.: Ich bitte, daß der Herr Verteidiger sich ruhig verhält; Sie haben den Zeugen nicht die Meinung zu sagen. – Ein älteres adliges Fräulein von 66 Jahren, eine Freundin der Angeklagten, bekundete als Zeugin: Sie halte die Angeklagte für zu brav und fromm, um eine solche Tat zu begehen. – Eine sehr große Anzahl weiterer Zeugen bekundete auf Befragen des Verteidigers, daß sie die Angeklagte der ihr zur Last gelegten Tat nicht für fähig hielten. Eine Zeugin sagte: Die Oberin

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/204&oldid=- (Version vom 31.7.2018)