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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6
Ein Kunstprozeß vor dem Breslauer Schöffengericht. Böcklin–Muther

Sachen, wie der Polyphem, die Vision und die Meeresidylle, sind so kleinlich und theatermäßig, so sehr mit Hendrich verwandt und an Benlliures „Vision im Kolosseum“ anklingend, daß man die Autorschaft des Meisters nur aus tiefstem Herzen bedauern könnte. Böcklin ist zu Lebzeiten derart von der Menge verhöhnt und von den Kunsthändlern übervorteilt worden, daß es als natürliche Rache erscheint, wenn die Familie nachträglich Gleiches mit Gleichem vergilt. Sie hielt den Nachlaß geheim. Auf allen Ausstellungen der nächsten Jahre werden nachgelassene Böcklins auftauchen. Aber allzu pietätlos sollte Carlo nicht sein. Das strahlende Bild des Großen darf durch die Fabrica nicht getrübt werden.“ Dieses Artikels wegen strengte Carlo Böcklin gegen Professor Dr. Richard Muther, damals Professor für Kunstgeschichte in Breslau, auf Grund der §§ 186 und 200 des Strafgesetzbuchs Privatklage an. Auf Antrag von Carlo Böcklin hatte das Breslauer Schöffengericht beschlossen: den Wahrheitsbeweis auf die venetianischen Bilder zu beschränken und den Antrag des Professors Dr. Muther, ihm den Nachweis zu gestatten, daß Carlo Böcklin noch bezüglich anderer Bilder seine Werke als die seines Vaters ausgegeben habe, abgelehnt. Über einen Fall, der in Frankfurt a. M. passierte, war jedoch Beweis erhoben und festgestellt worden: Carlo Böcklin habe der Kunsthandlung Hermes & Co. ein Gemälde: „Der heilige Hain“ für 15 000 Franks als echten Böcklin verkauft. Dieses Gemälde wurde von dem Frankfurter Bankier Haymann für 39 500 Mark erworben. Hermes & Co. bescheinigten auf der Rechnung: „Wir übernehmen die Garantie für die Authentizität des Bildes, das von der Hand des Professors Dr. Arnold Böcklin stammt.“ Später lieferten Hermes & Co. noch eine Photographie des Bildes, auf deren Rückseite folgender Vermerk stand: „Ich bescheinige hiermit, daß das durch umstehende Photographie wiedergegebene Originalgemälde ausschließlich von der

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)