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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Sachlage sagen: wir leben ja im tiefsten Frieden. Nein, m. H. wir befinden uns leider in einem unaufhörlichen Kriegszustande. Klarheit haben wir über die Situation nicht, da wir es hier mit Verrat zu tun haben und zwar mit Verrat von allen Seiten. Das ist ja das Gefährliche beim Landesverrat, daß, sobald einer Regierung etwas mitgeteilt ist, auch die andere Regierung diese Nachricht haben will. Es handelt sich hier zunächst um den Truppenaufmarsch nach der Westgrenze, um die Fortifikation von Metz. Man sollte nun glauben, an solchen Dingen könne nur Frankreich Interesse haben; nein auch die russische Regierung kauft die Arbeit. Der Angeklagte Hentsch verkaufte zunächst den Truppenaufmarsch an Frankreich und für genau dieselbe Arbeit bietet der russische Bevollmächtigte, Major v. Feldmann 7000 Mark. Das Vaterland ist fortdauernd in seinem Wohle auf’s höchste bedroht und sicherlich wird es jedermann unserer Regierung Dank wissen, daß die Regierung mit aller Energie vorgeht, um diese Verräter, diese unsauberen Gesellen los zu werden. Der hier zur Verlesung gelangte Brief des Fürsten Bismarck, der uns die Tätigkeit der polnisch-militärischen Gesellschaft schildert, zeigt uns, welche Gefahren durch solche Verräter dem Vaterlande drohen. Selten ist wohl so überzeugend der Beweis für den vollendeten Landesverrat geführt worden, als in dieser Verhandlung. Daß die Arbeiten nicht für eine Zeitungsredaktion, sondern für eine fremde Regierung bestimmt waren, ist durch die Beweisaufnahme hinlänglich dargetan. Für ein Journal hatten die Nachrichten nicht das mindeste Interesse. Bei Nachrichten, die zur Publikation in einem Journal bestimmt sind, dürfte es wohl auch kaum so sehr auf all die Einzelheiten ankommen. Es sind hier vielfach Zweifel über das Wort „Geheimhaltung“ geltend gemacht worden. Die Behörde, die ich zu vertreten die Ehre habe, stellt sich auf den Standpunkt, daß sie weniger darauf Gewicht legt, ob sekretes Material geliefert worden ist, sondern ob die Angeklagten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/48&oldid=- (Version vom 24.3.2023)