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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

bald mit einem Manne zurück und machte in Gemeinschaft mit diesem weitere Nachforschungen. Sie fanden nun außer den erwähnten Unterschenkeln, unter der Brücke selbst einen nackten, furchtbar zugerichteten menschlichen Rumpf. Dobiella rief eiligst den Amtsvorsteher herbei, der die Leichenteile ans Land schaffen und außerdem weitere Nachforschungen vornehmen ließ. Allein weder die fehlenden Oberschenkel, noch die Kleider der Leiche waren zu finden. Auch ergab die örtliche Untersuchung weder irgendwelche Spuren eines Kampfes, noch Blutflecken. Wie sich sehr bald herausstellte, war der Ermordete der vierzehnjährige Onophrius Cybulla aus Skurcz. Die Leichenöffnung ergab, daß der Tod durch Verblutung erfolgt war. An der Vorderseite des Halses zeigte der fast vollständig blutleere Leichnam eine weit klaffende glatträndrige Wunde, die bis zum Halswirbel sich erstreckte, so daß die Speiseröhre und die Hauptblutgefäße oberhalb des Kehlkopfes durchtrennt waren. Außer noch mehreren anderen erheblichen Verletzungen waren auf der Kopfhaut sieben parallel laufende tiefe Einschnitte zu sehen. Die fehlenden Oberschenkel waren aus dem Hüftgelenk mit kräftigem Schnitte vollständig kunstgerecht ausgelöst; in ebenso kunstfertiger Weise waren die vorgefundenen Unterschenkel abgetrennt. Der Ermordete war von dem Gasthofsbesitzer Gappa in Skurcz mit Flaschenspülen beschäftigt worden. Am Abende des 21. Januar 1884, etwa gegen halb neun Uhr, ist er von Gappa fortgegangen, um sich, wie er angab, nach Hause zu begeben; der Mord muß deshalb in der Nacht vom 21. zum 22. Januar 1884 geschehen sein. Die Sachverständigen behaupteten, daß die künstliche Zerstückelung der Leiche eine mehrstündige Operation erfordert habe. Da nun in jener dunklen Januarnacht ein sehr stürmisches Wetter getobt und andererseits am Fundorte der Leiche weder Spuren eines Kampfes, noch Blutflecken vorhanden gewesen, so behaupteten die Sachverständigen, daß die Tat im Dorfe selbst, und zwar in einer

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/76&oldid=- (Version vom 28.3.2023)