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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

Abschlachten der Schweine habe; ich könnte überhaupt kein Tier schlachten, bemerkte ich. Behrendt erwiderte: Sie sind ein Weib, wenn Sie mir befehlen, Ihre Kinder zu schlachten, dann tue ich es mit derselben Geschwindigkeit. Ob diese Äußerung im Scherz geschehen ist, weiß ich nicht. — Angekl.: Diese Äußerung habe ich jedenfalls nicht getan ; möglich ist es schon, daß ein ähnliches Gespräch geführt wurde und die Frau gefragt hat: Könnten Sie auch Menschen schlachten ? — Vors.: Daß eine solche Äußerung eine Frau tun wird, bezweifle ich. — Handlungsgehilfe Elblum: Ich habe im Thiessenschen Gastlokale konditioniert. Behrendt war im nüchternen Zustande ein sehr ruhiger Mensch, in trunkenem Zustande dagegen ein großer Krakehler. Da er in unserm Lokale einmal großen Lärm machte, wies ich ihn zur Ruhe; infolgedessen versetzte er mir einen heftigen Schlag ins Auge. Behrendt hat einmal in unserm Lokale Spielkarten an die Umsitzenden verteilt und gesagt: Nun wollen wir einmal „dawnen‘ (jüdisch beten). — Amtsdiener Glietschke: Gastwirt Gappa habe ihm einmal erzählt: Behrendt habe ihn eines Tages niedergeschlagen und den Versuch gemacht, ihn zu berauben ; letzteres sei ihm jedoch nicht gelungen. Schon lange vor dem Morde seien in Skurcz antisemitische Schriften verbreitet worden, wer sie besessen, wisse er jedoch nicht. Der Vorsitzende forderte nun den Angeklagten auf, noch einmal genau zu sagen, wo er sich am 21. Januar 1884 aufgehalten habe. Der Angeklagte erzählte wie am ersten Verhandlungstage. Am Abend sei er zuletzt in dem Gastlokal von Stentzel in Skurcz gewesen; schon als er dort hinkam, hatte er so viel getrunken, daß er gar nicht wisse, wie er nach Hause gekommen sei. Am 22. Januar des Morgens, etwa gegen 6½ Uhr, es war schon Tag, sei er zu dem jüdischen Schächter Blumenheim gegangen, um diesen zu ersuchen, ihm ein am Tage vorher gekauftes Rind „koscher" zu schlachten; Blumenheim sei jedoch verreist gewesen. — Der Vorsitzende stellte fest,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/99&oldid=- (Version vom 3.4.2023)