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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8
Fürst Bismarck gegen den Universitätsprofessor Dr. Theodor Mommsen

Dr. Lössar (Beisitzende). Die Anklage vertrat Staatsanwalt Dr. Menge, jetzt Reichsgerichtssenatspräsident in Leipzig. Die Verteidigung führte Justizrat Makower. Der damals 65jährige Angeklagte, Professor an der hiesigen Universität, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Abgeordneter Dr. Theodor Mommsen antwortete auf die Frage des Vorsitzenden, ob er sich der Beleidigung des Fürsten Bismarck schuldig bekenne: Ich wiederhole hier, was ich schon im Vorverfahren gesagt, daß dieser Passus sich nicht auf den Fürsten Reichskanzler bezieht. Ich ersuche gleichzeitig den Herrn Präsidenten, da Fürst Bismarck mich, ich darf wohl sagen der Auszeichnung gewürdigt hat, wegen dieser Rede noch vor dem gerichtlichen Verfahren im Reichstage anzugreifen, auch meine Rede, die ich in Erwiderung jener Angriffe am 15. oder 16. Dezember im Reichstage gehalten habe, zu verlesen. – Der Staatsanwalt widersprach dem Antrage. – Verteidiger Justizrat Makower: Ich beantrage, nicht nur die Reichstagsrede des Herrn Angeklagten, sondern auch die Rede des Fürsten Bismarck, des Ministers v. Puttkammer und einen Artikel der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ zur Verlesung zu bringen. – Der Gerichtshof lehnte die Vorlesung der Rede des Fürsten Bismarck und des Artikels der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ ab, beschloß dagegen die Rede des Ministers v. Puttkamer und die Antwort des Angeklagten in der Reichstagssitzung vom 15. Dezember 1881 zu verlesen. Danach hatte Prof. Dr. Mommsen im Reichstage erklärt: Die Ansicht des Ministers v. Puttkammer, die Wirtschaftspolitik der neuen Propheten sei auf die Regierung, bzw. auf die Minister gemünzt, ist eine irrige. Mit den neuen Propheten habe ich in erster Reihe die Professoren und Akademiker in und außerhalb des Parlaments gemeint, die sich mit Nationalökonomie beschäftigen. Der Ausdruck: „die Politik des Schwindels“ bezieht sich auf die moderne nationalökonomische Volksbeglückung. – Es nahm alsdann das Wort Staatsanwalt Dr. Menge: Als

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)