Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 8 (1913).djvu/39

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8
Fürst Bismarck gegen den Universitätsprofessor Dr. Theodor Mommsen

Ich denke, ich habe das Recht, jedes System, welches nach meinen Anschauungen dem Volkswohle entgegensteht, zu bekämpfen. Wer dieses System vertritt, mag sich vielleicht durch diese Anschauungen verletzt fühlen, ich kann aber erklären: ich habe Keinen angreifen wollen oder alle. Dies ist meine Antwort. – Staatsanwalt: Der Angeklagte sagt, er hat nur Prinzipien angreifen wollen, er hat aber gesagt, es sei gleich, ob die bekämpfte Politik von einem hohen oder geringen Manne vertreten wird. Vielleicht gibt der Herr Angeklagte darüber nähere Auskunft. – Professor Mommsen: Ich fühle mich nicht dazu veranlaßt. – Es nahm hierauf zur Begründung der Anklage das Wort Staatsanwalt Dr. Heppner: Es ist neuerdings Mode geworden, daß bei Strafprozessen gegen Männer von politischer oder wissenschaftlicher Bedeutung die Presse ihre Ansichten zum besten gibt. Auch wenn schon ein Erkenntnis ergangen ist, läßt sich die Presse von dem Lobe oder Tadel, je nach ihrem politischen Standpunkte, nicht zurückhalten. Es ist dies ein bedauerliches Vorkommnis, welches zwar nicht befürchten läßt, daß sich ein preußischer Gerichtshof hierdurch beeinflussen lassen wird. Eine andere Gefahr liegt aber vor, nämlich die, daß der Richter sich durch solche Stimmen scheut, die Konsequenzen und die Strenge zur Anwendung zu bringen, wie er sie gewöhnlich ohne einen solchen Druck anzuwenden gewohnt ist. Die Scheu, die Unparteilichkeit zu wahren, wird den Richter unwillkürlich und unbewußt dahin führen, sich nicht dem allgemeinen Unwillen auszusetzen, sondern seine Entscheidung zugunsten des Angeklagten zu treffen. Auch in dem vorliegenden Fall hat sich die Presse der Sache bemächtigt. Das Urteil erster Instanz wurde in den Himmel erhoben, das des Reichsgerichts einer abfälligen Kritik unterzogen. Ich werde mir nicht erlauben, diesem Gerichtshofe zu imputieren, daß er sich durch diese Kritiken beeinflussen läßt; aber eine Bitte spreche ich aus. Legen Sie auf die Personalien des Angeklagten

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)