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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8
Fürst Bismarck gegen den Universitätsprofessor Dr. Theodor Mommsen

solche Zumutung würde kränkend für die Bedeutung des Fürsten Bismarck sein. Es mag ja für manche unbefriedigend sein, da, wo ein Mommsen spricht, nicht zu wissen, wen er eigentlich gemeint hat. Das aber spricht gerade für die Behauptung des Angeklagten, daß er eben keine Person gemeint hat, sondern die Allgemeinheit, die als Konglomerat einer ganzen Reihe von Bestrebungen gewissermaßen auf seiner Netzhaut als Bild erscheint. Aus diesem Grunde beantrage ich die Freisprechung. Wenn der Gerichtshof diesem Antrage folgt, wird er dem Lande den peinlichen Eindruck ersparen, einen seiner besten Forscher wegen eines nicht salonfähigen Ausdrucks verurteilt zu sehen, und er wird andernteils dem Fürsten Bismarck zeigen, daß der unparteiische zweite Richter ebenso wie der Vorderrichter ihn gar nicht für beleidigt hält. Eventuell nehme ich für den Herrn Angeklagten den Schutz des § 199 des Strafgesetzbuches in Anspruch, welcher eine Beleidigung straflos läßt, sobald sie sofort erwidert wird. Wer die gegen Herrn Mommsen gerichtete Rede des Fürsten Bismarck liest, dem kann es nicht zweifelhaft sein, daß sie Beleidigungen enthält und daß sie nicht etwa im Affekt über eine angetane Beleidigung gehalten worden ist. – Staatsanwalt Dr. Heppner: Gegen die Auffassung des Verteidigers bezüglich der Kompensation muß ich doch entschieden Verwahrung einlegen. Die Äußerungen des Herrn Reichskanzlers sind erst viele Monate später getan, können also nicht als auf der Stelle erwidert betrachtet werden. Auch hat das Reichsgericht eine Kompensation von im Reichstage getanen Äußerungen mit anderen für ausgeschlossen bezeichnet. Im übrigen überlasse ich es dem hohen Gerichtshof, ob er dem Ausdruck „Schwindel“ die harmlose Bedeutung beilegen will, wie der Herr Verteidiger, wobei ich aber hervorhebe, daß der Angeklagte selbst einen Einwand nach dieser Richtung hin gar nicht erhoben hat. Ich bin mit dem Herrn Verteidiger einverstanden, daß bei Mommsen sich der Ausdruck mit dem deckt, was er sagen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)