Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 8 (1913).djvu/55

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8

bekundete: Ich war mit einem Ingenieur verheiratet. Ich bin 41 Jahre alt und jüdischer Konfession, obwohl meine Eltern zum Christentum übergetreten waren. Als ich großjährig wurde, ließ ich mich in Breslau zum Judentum aufnehmen. Von dem angeblichen Diebstahl selbst habe ich nichts gesehen. – Handlungsgehilfe Adolf Färber: Ich bin 24 Jahre alt, jüdischer Konfession und Verkäufer in einem hiesigen Handlungshause. Am 2. März ging ich mit den Kobelt, von denen ich Freibilletts erhielt, ins Panoptikum. Ich beobachtete längere Zeit den Angeklagten, wie dieser sich auffallenderweise an die Taschen der Dame herandrängte. Als das Fräulein Kobelt sich das Portemonnaie in die Jackettasche steckte, beobachtete ich genau den Angeklagten. Ich erfreue mich einer vorzüglichen Sehkraft und sah, daß der Angeklagte, der im übrigen gesehen haben muß, wie Fräulein Kobelt sich das Portemonnaie in die Tasche steckte, sich an das Mädchen herandrängte und eine Bewegung nach der Gegend der Tasche der jungen Dame machte. Ob der Angeklagte das Portemonnaie genommen hat, kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, da ich es in seiner Hand nicht gesehen habe. Ich kann es mir aber nicht anders denken, als daß der Angeklagte das Portemonnaie entwendet hat, da andere Leute nicht in der Nähe waren, und Fräulein Kobelt gleich nachdem es sich vom Schaukasten entfernt, das Portemonnaie vermißte. Ich habe den Angeklagten für einen raffinierten Dieb gehalten. Wäre der Angeklagte in so anständiger Weise wie heute gekleidet gegangen und ganz besonders, hätte ich gewußt, wer der Angeklagte ist, dann wäre meine Meinung allerdings eine andere gewesen. – In ähnlicher Weise äußerte sich Handlungsgehilfe Isidor Freund. Auch dieser war mit einem von der Kobelt erhaltenen Freibillett, in Gesellschaft der Familie Kobelt am in Rede stehenden Sonntage ins Panoptikum gegangen. Er hatte dieselben Wahrnehmungen bezüglich des Angeklagten wie Färber gemacht. Er sei allerdings

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/55&oldid=- (Version vom 1.5.2023)