Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 8 (1913).djvu/56

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8

kurzsichtig, habe jedoch genau gesehen, wie der Angeklagte sich an die Kobelt herangedrängt und in ihre Jackettasche gefaßt habe. Das Portemonnaie habe er in der Hand des Angeklagten nicht gesehen. – Der Besitzer des Panoptikums, Louis Castan, bekundete: Er habe den Angeklagten beobachtet und ihn, da er sich an alte und junge Damen in sehr auffälliger Weise herandrängte, für einen Taschendieb gehalten. Er habe deshalb zwei Kriminalschutzleute rufen lassen und sie ersucht, ein Experiment mit dem Angeklagten vornehmen zu lassen. Die Schutzleute haben dies jedoch abgelehnt, ebenso eine im Panoptikum bedienstete Frau Otto. Deshalb habe er Fräulein Kobelt zur Vornahme des Experiments veranlaßt. Ob der Oberst die Hände in den Taschen der Kobelt gehabt habe, wisse er nicht. – Frau Otto: Der Oberst habe unaufhörlich die Hände in seinen Taschen gehabt. – Kriminalschutzmann Wendt, der mit dem Kriminalschutzmann Pätzoldt die Verhaftung des Angeklagten bewirkt hatte, erklärte: Er hielt den Angeklagten für einen lüsternen Damenfreund, dagegen habe ihn der Kriminalschutzmann Pätzoldt für einen raffinierten Taschendieb gehalten. – Kriminalschutzmann Pätzoldt versuchte alsdann der Kobelt das Portemonnaie aus der Jackettasche zu nehmen. Das Portemonnaie war dabei in der Hand des Pätzoldt vollständig von allen Seiten sichtbar, obwohl der Zeuge eine sehr große Hand hatte. Er erklärte: Die Herausnahme des Portemonnaies habe ihm keine Schwierigkeiten verursacht. – Polizeiinspektor Schuchardt bekundete: Die Rosa Kobelt habe mit dem Zeugen Castan und noch mehreren anderen Leuten intimen Umgang gegen Entgelt, und zwar schon seit langer Zeit. – Kriminalkommissar von Hüllesem: In der Wohnung der Kobelt verkehre eine große Zahl bestrafter und von der Polizei gesuchter Taschendiebe, ja die in der Mulackstraße belegene Wohnung werde von den meisten Berliner Taschendieben geradezu als Schlupfwinkel benützt. Rosa Kobelt habe der Verbergung

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/56&oldid=- (Version vom 1.5.2023)