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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9

Er sei von Jugend auf ein Abenteurer gewesen. Er habe keine Empfindung für die Schande, überhaupt kein moralisches Gefühl. Man sei im Anfang zweifelhaft gewesen, ob man einen Geisteskranken oder einen höchst geriebenen Verbrecher vor sich habe, der seine Rolle mit einer Meisterschaft spiele, wie sie bisher noch nicht vorgekommen sei. Jetzt seien die Sachverständigen aber einig, daß Manolesco als ein im hohen Grade gemeingefährlicher Geisteskranker im Irrenhause untergebracht werden müsse. Er könne für seine Taten nicht verantwortlich gemacht werden.

Nach beendeter Beweisaufnahme erklärte der Staatsanwalt: Der Anklagebehörde könne es ziemlich gleichgültig sein, ob Manolesco ins Gefängnis oder ins Irrenhaus komme. Werde er freigesprochen, so mache er jedenfalls einen schlechten Tausch, denn anstatt zehn Jahre Gefängnis, die ihn im höchsten Falle treffen können, winke ihm das Irrenhaus auf Lebenszeit. Der Staatsanwalt beantragte in erster Linie die Verurteilung Manolescos zu zehn Jahren Gefängnis, im Falle einer Freisprechung dessen unmittelbare Überführung nach der Dalldorfer Irrenanstalt. In betreff des Mitangeklagten Skamperl hielt der Staatsanwalt, im Falle einer Freisprechung Manolescos, dennoch eine Unterschlagung für erwiesen, denn Skamperl hatte über eine Anzahl Schmucksachen verfügt, die Manolesco ihm anvertraut hatte. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Schwindt, hielt es für zweifellos, daß Manolesco dem Irrenhause verfallen sei, bestritt aber außerdem, daß Skamperl aus rechtlichen Gründen verurteilt werden könne.

Der Gerichtshof sprach den Angeklagten Manolesco frei. Der Gerichtshof, so führte der Vorsitzende aus, konnte auch nicht zu der Überzeugung gelangen, daß Skamperl eine Unterschlagung begangen habe, da dieser die ihm von Manolesco verpfändeten und von ihm weiter verpfändeten Sachen jederzeit wieder einlösen konnte. Aus diesem Grunde sei auch Skamperl freigesprochen worden.

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_9_(1913).djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)