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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

Der Prozeß gegen den Leutnant a. D. von Zastrow.

Im fernen Norden Berlins, hinter der Kaserne des Garde-Füsilier-Regiments, liegt ein freier Platz, der dem Regiment noch heute als Exerzierplatz dient und im Volksmunde noch jetzt „der Grützmacher“ heißt. In der Nähe dieses Platzes fließt ein kleiner, schmaler Bach.

Am Morgen des 27. Februar 1867 wurde in diesem Bach die Leiche eines fünfzehnjährigen Bäckerlehrlings, namens Corny, gefunden. Der Knabe, der beim Morgengrauen Backwaren zu den Kunden seines Meisters fuhr, war augenscheinlich in gewaltsamer Weise geschändet, alsdann ermordet und in den Bach geworfen worden. Das Gefährt mit den Backwaren stand etwa 20 Schritt weit vom Bach entfernt.

Die Nachricht von diesem furchtbaren Morde verbreitete sich mit Windeseile in Berlin, in ganz Deutschland, ja in der ganzen Kulturwelt und erregte überall eine furchtbare Entrüstung. Für die Entdeckung des Täters wurde eine hohe Belohnung ausgesetzt. Es wurden mehrere Verdächtige, unter diesen auch Leutnant a. D. von Zastrow, der sich als Kunstmaler bezeichnete und ein für damalige Verhältnisse nicht unerhebliches Vermögen besaß, verhaftet. Die Verhafteten mußten jedoch wegen Mangel an Beweisen sehr bald wieder entlassen werden. Der Täter blieb unentdeckt. König Wilhelm I. ließ sich täglich von dem damaligen Berliner Polizeipräsidenten v. Bernuth Bericht erstatten.

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)