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als: Glaube, Hoffnung, Liebe; aber es muß nachgewiesen werden, daß sich diese Dreiheit zu einer Einheit vereint und aus einer Einheit entfaltet ist. Der Glaube nach seiner operativen Seite ist wesentlich eins mit der Liebe, so daß also Glaube und Liebe zu einer Einheit zusammengehen und der Wesensmittelpunkt der Glaube ist. Im Glauben ist schon mitgesetzt, was sich dann nur entfaltet und auseinanderlegt. Gal. 5, 6 ist nicht die Liebe als thätiges Prinzip hingestellt, sondern der Glaube, indem es heißt: „der Glaube, der durch die Liebe thätig ist“; so erscheint er als wirksames Prinzip und die Liebe als die Form, durch die er sich auswirkt und bethätigt. Es ist dadurch dem Irrtum gewehrt, als ob der Glaube, wenn er das Heil ergriffen, nun seine Aufgabe gelöst habe und sein Amt abtrete an die Liebe, so daß die Liebe gewissermaßen ein (den Glauben) ablösendes Prinzip im Christenleben wäre. Sofern der Glaube durch die Liebe thätig ist, Gal. 5, 6, ist er ja selbst eins mit der Liebe. Denn so gewiß aus dem Glauben die Liebe kommt, so gewiß ist in der Liebe der Glaube thätig. In der Stelle Gal. 5, 6 ist die wesentliche Einheit des Glaubens und der Liebe ausgesprochen, sofern der Glaube als das in der Liebe wirksame Prinzip erscheint, indem Glaube und Liebe als das Wesen der neuen Kreatur bezeichnet wird, während Gal. 6, 15 diese Einheit durch den zusammenfassenden Ausdruck: καινὴ κτίσις bezeichnet wird. Im Leben der neuen Kreatur ist Glaube und Liebe gegeben, die Liebe aber erscheint als die Bethätigungsform des lebendigen Glaubens; mithin kann der Glaube als Summe des christlichen Verhaltens angesehen werden, cf. Röm. 4; Ebr. 11, besonders v. 6, und ist das christliche Leben im Grunde ein einheitliches. „So wenig vom Feuer das Leuchten und Brennen mag getrennt werden, so wenig kann vom Glauben die Liebe getrennt werden,“ sagt Luther. – Man kann Glauben und Liebe unterscheiden, das ist aber nur eine Abstraktion. So haben wir die Stelle 1. Kor. 13, 13 zu verstehen, wo das Christenleben in die Trias von Tugenden gefaßt wird, nämlich: Glaube, Hoffnung, Liebe. Das sind nicht drei nebeneinanderstehende Stücke, sondern eigentlich ist Liebe und Hoffnung im Glauben schon mitgesetzt und sie gehen aus ihm hervor. (Siehe Joh. 16, 27. Die Aufeinanderfolge „geliebt und geglaubt“ erklärt sich daraus, daß der HErr den Jüngern zunächst als geschichtliche Persönlichkeit gegenübertrat, als der Lehrer und Meister, den sie lieb gewannen, zu dem sie Vertrauen schöpften, daß sie dann auch dem Zeugnis von seiner Gottessohnschaft glaubten.)

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