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zu verstehen die Thätigkeit des Menschen, die der wiedergebärenden Gnade des heiligen Geistes Folge leistet.

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 Es fragt sich nun, wie ist dieses Verhältnis der conversio transitiva und intransitiva? Wie verhält sich die göttliche Thätigkeit zu der menschlichen Selbstentscheidung? Es sind das keine zwei getrennten Akte. Es ist die allerschlechteste, pur semipelagianische Auffassung, wenn man sich die Sache so vorstellt, als käme zur göttlichen Thätigkeit die menschliche als eine zweite, als ein, wenn auch untergeordneter Faktor hinzu. Nicht so! Gottes Thätigkeit wirkt in dem Menschen das Wollen und das Wirken (Phil. 2, 13). Die Bekehrung im intransitiven Sinne verhält sich zu der im transitiven wie Effekt zur causa efficiens. Sofern Gott die Bekehrung wirkt, also neue Lebenskraft dem Menschen mitteilt, ist sie ein Widerfahrnis, und im Sinne der conversio intransitiva ist sie der Vollzug der durch die bekehrende Gnade ermöglichten und gewirkten Selbstbestimmung des Menschen für das Gute. Also, daß der Mensch sich bekehrt, ist die Wirkung davon, daß ihn Gott bekehrt. Das ist das pure passive der Conc. Form. (Sol. decl. Art. II § 89). Ausgeschlossen ist nur, daß der Mensch von sich selbst oder aus seiner eigenen, natürlichen Kraft etwas vermöge oder helfen könne zu seiner Bekehrung. Gott ist es, und er allein, der in dem Menschen wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen. Zu dieser göttlichen Thätigkeit verhält sich der Mensch pure passive, Phil. 2, 13. Der Vorgang der Bekehrung soll aber nicht so gedacht werden, wie wenn man aus einem Marmorblock eine Statue bildet, oder wie wenn ein Siegel ins Wachs gedrückt wird, d. h. als ob der Mensch willenloses, empfindungsloses, bewußtloses subjectum convertendum wäre; ausdrücklich wird ja in der angeführten Stelle der Conc. Form. behauptet, daß durch die göttliche Thätigkeit neue Bewegungen, novi motus, in uns erweckt und geistliche Wirkungen in uns angefacht werden. Auf diese Weise wird beides gewahrt, was bei der Bekehrung zu wahren ist, daß sie einerseits ein ausschließlich göttliches Werk sei und andrerseits ein ethischer Vorgang, der nicht wider und ohne, sondern an, in und durch den menschlichen Willen sich vollzieht. Damit ist dann schon gesagt, daß wir das Wort „Bekehrung“ nicht in jenem weiten Sinn, wie es manchmal in der Schrift gebraucht ist, verstehen, wonach es den ganzen ethischen Lebensprozeß, die tägliche Buße, die immerwährende Bekehrung, bedeutet, sondern von jener „einmaligen“ Wendung, vermöge