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der ganze geistliche Kampf abgemacht und ausgerichtet sei. Der Kampf setzt sich in der täglichen Heiligung durch das ganze christliche Leben fort. Was man im Kampfe gewonnen hat, besitzt man nur, indem man es neu erwirbt (Gleichnis vom Schatz im Acker und der köstlichen Perle).

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 Es bleibt noch die naheliegende Frage: „Welches sind die Kennzeichen der Bekehrung?“, eine wiederum für das christliche Leben und die seelsorgerliche Praxis wichtige Frage. Methodistische und pietistische Anschauung ist es, das Gefühl des Bußschmerzes und der Glaubensseligkeit, sowie das Maß und die Lebhaftigkeit dieser Gefühle zum Kennzeichen der wirklich erfolgten Bekehrung zu machen. Sie fordern einen bis zur Verzweiflung, bis zu einem Vorschmack der Verdammnis sich steigernden Reueschmerz, dem dann ein plötzliches Versetztwerden in das Gefühl der Wonne und Seligkeit, gleichsam eine Entzückung in den Himmel folgen müsse. Aber der Irrtum ist schon der, daß man für das allerindividuellste Erlebnis des einzelnen, das am meisten der Individualität des Menschen angepaßte Werk des heiligen Geistes eine Methode aufstellen, ja dem heiligen Geist vorschreiben will. Spener erinnert an die Bekehrung Pauli und der Lydia. Der HErr kommt nicht oft im Sturm, öfter aber im sanften Säuseln. Das Maß, die Lebhaftigkeit der Gefühle des Bußschmerzes und der Glaubensseligkeit kann kein Maßstab, kein Kennzeichen der Bekehrung sein, wenn auch naturgemäß die Stimmung des Bekehrten Freude sein muß. Aus Freude über den Schatz im Acker, über die köstliche Perle, verkauft dort der Finder alles. Die Umstimmung des Willens zum Gehorsam gegen Gott, der Haß gegen die Sünde, Lust, Trieb und Kraft zum Gehorsam gegen Gottes Gebote, das sind die Kennzeichen der Bekehrung. Daß ein Mensch die Sünde lassen kann, und haßt, das er vorher geliebt hat, und Lust fühlt, Gottes Wege zu gehen und seinen Geboten in Gehorsam nachzuleben, daran erkennt man den Bekehrten, cf. Paulus, dessen erste Frage ist: „HErr, was willst du, daß ich thun soll?“ Den Zuhörern bei der Pfingstpredigt ging es durch das Herz, sie frugen: „Ihr Männer, lieben Brüder, was sollen wir thun?“ Man sieht, in beiden Fällen ist die Bereitwilligkeit zum Gehorsam gegen Gottes Willen das hervortretende Kennzeichen der Bekehrung. Das beste Kennzeichen von der Wahrheit und Echtheit der Bekehrung, der einmaligen Bekehrung ist die Fortdauer derselben. Auch