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die Überwindung der Schoß- und Lieblingssünden ist ein Zeichen der Bekehrung; auch Sündenbekenntnis vor Menschen. Die beiden ersten (nämlich das Gefühl der Verdammnis und das der Seligkeit) sind aber doch keine objektiv sicheren Anzeichen.


§ 43.
Die Heiligung.

Inhalt: Der Fortgang in der Entwicklung des neuen geistlichen Lebens, wozu in der Wiedergeburt und Bekehrung der Anfang gemacht ist, oder die Erneuerung (renovatio) im engeren Sinn, gleichbedeutend mit Heiligung (sanctificatio), der heilige Wandel des Christen in seiner Gesamtheit und Einheit betrachtet, namentlich mit Rücksicht auf die innere Quelle, aus der er fließt, die Durchdringung des inneren und äußeren Lebens mit dem neuen Geiste, die gründliche Reformation des Gesamtlebens des Christen, die allmähliche Assimilation der göttlichen Lebenskräfte zum Zweck der Darstellung der Nachfolge Christi und der Umgestaltung in sein Bild, wodurch Schritt für Schritt das göttliche Ebenbild erneuert wird und der Mensch durch die Gleichförmigkeit mit Christo sich immer mehr entfernt von der Gleichförmigkeit mit der sündigen Welt, von der er je länger je mehr abgesondert wird.


1. Wesen der Heiligung.

 Heiligung ist die von der Wiedergeburt und Bekehrung ausgehende allmähliche sittliche Umgestaltung und Durchbildung der ganzen Persönlichkeit des Gläubigen, die alle seine Kräfte, alle Seiten seines Wesens, alle seine Verhältnisse befaßt, sein gesamtes inneres und äußeres Leben (cf. 1. Thess. 5, 23: ὁλόκληρος, der Besitz in seinem ganzen Umfang), die Durchdringung des Gesamtlebens des Menschen mit den neuen geistlichen Kräften.


2. Ihr Name.

 Heiligung (Hebr. 12, 14) ist Absonderung von der Sünde, 1. Petr. 1, 15, sonderlich von ihrer Herrschaft (Röm. 6,12), gleich Reinigung (1. Joh. 3, 3), seine Seele keusch machen (ἁγνίζω, ἁγνός, 1. Petr. 1, 22; 3, 2; 2. Kor. 7, 11). Erneuerung heißt sie, weil sie von dem Anfangspunkte aus, von dem in der Wiedergeburt gesetzten neuen Leben aus Gott den ganzen Menschen, soweit er im Gegensatz zu dem neuen Leben noch ein alter ist, neu machen, die in seiner Natur noch vorhandene alte fleischliche Richtung von dem Zentrum seiner erneuerten Persönlichkeit aus überwinden und dem neuen Wesen des Geistes Raum verschaffen soll (Tit. 3, 5–6; Eph. 4, 23). Gleichbedeutend ist „in einem neuen Leben wandeln“ (Röm. 6, 4), „nach dem Geist“ (Röm.