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in welchen die Welt ihren Götzen opfert und ihnen Leiber und Seelen hingibt zum Dienst, die recht eigentlich zur pompa diaboli gehören, denen jeder Christ in der heiligen Taufe absagt. Die Pietisten haben, wenn auch nicht in der Art und Weise, diese Grundsätze theologisch und praktisch geltend zu machen, doch mit dem Ernst recht gehabt, mit dem sie gegen diese Vergnügungen zeugten, wogegen die Orthodoxen die christliche Freiheit mit Unrecht geltend machten (1. Petr. 2, 16). So wenig der Christ etwas darin suchen soll, so muß er sich doch von der Welt geschieden halten, daß man ihn in keinem Augenblicke seines Lebens mit einem Weltmenschen verwechseln kann. Das Staatskirchentum hat in dem Stück je und je dem Ernst des christlichen Lebens viel geschadet.

 Die Sünden aber, welche die Gemeinschaft untergraben und den Frieden wegnehmen, dagegen Unfrieden, Streit, Zank gebären, sind besonders alle Zungensünden. Dahin gehört die eitle und selbstgerechte Geschwätzigkeit, welche redet, was nicht sein soll und die größten Widerwärtigkeiten verursacht. Sie ist Thorheit und Sünde. Dahin gehört die Falschheit, die nach Art der Katzen schmeichelt und heuchelt, inwendig aber Böses sinnt und Arges im Herzen hat (Ps. 41). Vor allem gehört hierher die Lüge, diese Erfindung des Teufels (Joh. 8, 44), die wie keine andre Sünde die Seele des Menschen in ihrer innersten Tiefe verdirbt und die Mutter aller Schlechtigkeit ist, zum Truge führt und den Menschen im verächtlichsten Lichte zeigt, ihn auch für alles Edle und Göttliche immer unfähiger macht, aber wohl dem Teufel eine offne Pforte und einen Sitz im Menschenherzen bietet. Eine Äußerung dieser Schlechtigkeit ist der Verrat, der des Nächsten Heimlichkeit zu seinem Schaden offenbart und meist das Vertrauen des andern schändlich mißbraucht. Die Geschichte nennt eine Reihe solcher Schandthaten; keine aber kommt an Größe und Tiefe dem Verbrechen des Judas gleich, dieser Bastardgestalt, die eine grauenerregende Mischung von Licht und Finsternis ist und ein ewiger Schandfleck der Menschheit und christlichen Gemeinschaft. Dahin gehören, wenn sie auch nicht so grauenhaft wie die letztgenannte Sünde sind, die Verleumdung und das Afterreden, wodurch des Nächsten Ehre und guter Name untergraben, Haß und Feindschaft erweckt und die menschliche Gemeinschaft (oft die zartesten und edelsten Bande) zerrissen wird.

 Nicht allein aber diese Sünden, sondern hundert andere erwecken in der Brust des einzelnen und im Schoße der menschlichen Gemeinschaft