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 c. Die Bedingungen bei Eingehung einer Ehe, wenn sie gesegnet und glücklich werden soll. – Alles kommt auf eine glückliche Wahl der Person an. Nichts ist auch schwerer, als hier wählen, wo man nur mangelhafte Einsicht hat, zumal man gar nicht wissen kann, wie sich eine Jungfrau als Frau macht. Daher muß man vor allen Dingen auf die göttliche Führung rechnen, und das Gebet um sichere Leitung in dieser wichtigen Angelegenheit fleißig gebrauchen. Auch den Rat der Eltern und Seelsorger und den verständiger Freunde soll man da nicht verachten, sondern einholen; wie es bei den Alten zur Sitte gehört hat, diesen einzuholen. Dieses alles aber macht die eigene sorgfältige Überlegung nicht überflüssig, welche Erfordernisse man an eine zukünftige Lebensgefährtin stellen zu müssen glaubt, wobei man sich vor aller thörichten Träumerei von Idealmenschen hüten muß, weil man immer zu bedenken hat – was manche nur zu oft vergessen –, daß von der anderen Seite auch Ansprüche gemacht werden, und daß man selber keine Ansprüche machen soll, wenn man nicht der Mann dazu ist, dem andern Teil eine Befriedigung mit seiner Person gewähren zu können.

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 Außer der leiblichen Gesundheit und Reife ist zu allererst zu sehen auf ein frommes und gläubiges Gemüt, sowie auf Tüchtigkeit im häuslichen Beruf, sowie auf eine Persönlichkeit, welche an sich und durch Erziehung, Stand und Glücksgüter nicht ungeeignet erscheint für den Beruf des Mannes. Dahin gehört ein gewisser Grad geistiger Begabung und Bildungsfähigkeit, wenn nicht Bildung schon vorhanden ist. Der Geistliche muß in diesen Stücken doppelt vorsichtig sein. Doch sind dieses nur Vorbedingungen, die nicht fehlen dürfen, die Hauptfrage ist dann immer die, ob die fragliche Person, was Temperament und Charakter betrifft, geeignet sei, um ein harmonisches, friedliches und glückliches Gemeinschaftsleben erhoffen zu lassen. Persönlichkeiten, die allzu verschieden und die allzu ähnlich sind an natürlichen und Charakter-Eigenschaften, sollen sich meiden. Eine sehr wichtige und ernste Berücksichtigung verdienende Sache ist die persönliche Neigung. Sie ist die natürliche Basis des ehelichen Lebens; doch ist sie keineswegs allein eine sichere Führerin, sie trügt oft; doch im Keim muß sie vorhanden sein, wenigstens darf keine persönliche Abneigung da sein. Vernunft und Neigung muß zusammen entscheiden. Die Neigung wächst oft erst, namentlich bei Heiraten in reiferen Jahren, wo mehr der Verstand als die Neigung maßgebend ist,