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 Hieher gehört auch die Lynchjustiz in Amerika, besonders in den Gebieten mit noch nicht genügend geordneten Verhältnissen. Wenn sich aus der Unvollkommenheit der Ordnung in manchen Fällen vielleicht eine gewisse Entschuldigung ableiten läßt, so bleibt doch die Lynchjustiz im allgemeinen eine Usurpation obrigkeitlicher Befugnisse.

 Eine berechtigte Notwehr zum Töten bringt der Krieg mit sich. Es ist dies oft nur die einzige Möglichkeit, einem andern Staate gegenüber seine Existenz zu verteidigen. Man hat nun zu unterscheiden, was den einzelnen Soldaten und was den Kriegsherrn angeht. Niemals wird im Neuen Testament der Soldatenstand als ein unberechtigter Stand hingestellt. Das thut weder Johannes der Täufer, noch der Herr, noch Petrus (gegenüber dem Kornelius). Im Gegenteil kann man sagen, der Kriegerstand macht noch den besten Eindruck in jener Zeit (cf. der Hauptmann unter dem Kreuz; der Hauptmann Kornelius; der Hauptmann von Kapernaum; der Hauptmann, der den Apostel nach Rom begleitete). Die Berechtigung, Krieg zu führen, ist in der heiligen Schrift nicht ausdrücklich gegeben. Höchstens könnte man die Stelle „sie trägt das Schwert nicht umsonst“ anführen, d. h. sie soll das Schwert nicht bloß um der einzelnen Verbrecher willen tragen, sondern um damit das Vaterland zu verteidigen. Daraus folgt freilich, daß der Eroberungskrieg zu verwerfen ist, nicht aber der Verteidigungskrieg.

 8. Die Pflichten und Tugenden des Christen gegen die Obrigkeit sind:

 a) Um des Gewissens willen gehorcht er der Obrigkeit von Herzen und unterwirft sich den Gesetzen und Ordnungen des Staates, soweit sie nicht wider Gottes Gebote sind. Akt. 5, 29; Matth. 22, 21. „Gottesdienst geht vor Herrendienst“, nicht umgekehrt.

 b) Er arbeitet selbst an der Aufrechterhaltung dieser Ordnung mit durch sein Beispiel und dadurch, daß er unter Umständen selbst ein obrigkeitliches Amt bekleidet (gegen die Wiedertäufer, Augustana XVI) und gerade darin seinen Christenberuf erfüllt, zum Dienst seiner Brüder und des Reichs Gottes.“

 c) Auch betet er für die Obrigkeit von Herzen, 1. Tim. 2, 2; Jerem. 29, 7, weil er ein wohleingerichtetes bürgerliches Gemeinwesen, in dem Frieden und Ordnung herrscht und das Böse niedergehalten wird, als einen großen Segen für das Land und für sein Volk erachtet, der kraft des vierten Gebotes, dessen Verheißung auch hier eine Anwendung erleiden dürfte, ihm Wohlsein bringt.