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Apokalyptik der Schrift reißende Tiere nennt und in ihrer Einheit und letzten höchsten Spitze als „das Tier“ bezeichnet. Die Weltherrschaft ist ihr Ziel und das ist im Grunde ein gottfeindliches, antichristliches. Denn dazu hat Gott die Völker auf Erden zerstreut, 1. Mos. 11, 1 etc., um die angestrebte Einheit im Bösen zu zerstören. In der letzten Zeit wird es der Welt und ihrem Herrscher, dem Antichrist, gelingen, wenn auch nur für kurze Zeit, dieses Ziel zu erreichen. Damit ist aber die vollendetste Gottesfeindschaft verbunden, die bei den vorausgehenden Weltreichen nicht immer und nicht in dem Maß erscheint, denn zuweilen müssen die Herrscher der Weltreiche auch dem Reiche Gottes dienen (Cyrus, Karl der Große, die Fürsten der Reformationszeit). Ja, – und das scheint wie widersprechend – die Gewalthaber in der Welt müssen zum Gegenhalt gegen die widergöttlichen Bestrebungen dienen, 2. Thess 2, 6, und im Großen und Ganzen helfen sie und die Politik der Reiche, namentlich der großen Reiche, doch, das Reich Christi bestreiten und zu nichte machen; sie sind aber doch ein Gegengewicht gegen den antichristlichen Anarchismus, denn sie halten noch auf Ordnung. Es ist dies wie die doppelte Strömung im Zug der Wolken, die oft in den unteren Schichten nach Westen treiben, während die oberen gerade nach der entgegengesetzten Richtung ziehen. Im Grunde handelt es sich bei aller Politik zuletzt um die große Frage, welche der zweite Psalm behandelt, ob Christus auf Erden König sein und sein Reich bis an die Enden der Erde reichen und Anerkennung finden soll. Dies große und ewige Friedensreich, auf das der Christ mit aller Zuversicht hofft, wird aber erst eintreten, wenn das antichristliche Reich seinen Höhepunkt erreicht hat und damit auch sein Ende. Der Christ schöpft seine politische Einsicht aus der Prophetie und hat damit eine Einsicht in die Zeitbewegungen, wie sie auch der eingeweihteste Staatsmann nicht haben kann, denn des Christen Einsicht beruht auf göttlicher Offenbarung. Im Grunde herrschen nicht die Gewaltigen dieser Erde, wie sie meinen, sondern Christus regiert die Welt und lenkt alle Dinge nach seinem Willen. Darum ist auch sein die Ehre und der Sieg, und daran nehmen teil alle, die auf ihn hoffen.


§ 58.
Die Menschheitsgemeinschaft.

 Es gibt außer der Familien-, Volks- und Staatsgemeinschaft noch eine weitere natürliche Gemeinschaft, nämlich die der Menschheit.