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und das sündliche Verderben in sich aufnimmt, und daß sie ihre äußere Existenz in dem Boden des Staates hat und wie jede andre Gemeinschaft in ein Rechtsverhältnis zur Welt, nach außen, in ein Verhältnis zum Staate gekommen ist und kommen mußte.

 Die erste der genannten Seiten ist die Konfessionskirche mit ihrem geschichtlich gewordnen Bekenntnis, Kultus und ihrer Verfassung, die sich im Widerspruch mit andern Konfessionskirchen oder Denominationen befindet. Die andere Seite ist das äußere Kirchentum mit seinen erworbenen Rechten, Besitzungen, seinem Einfluß auf öffentliche Verhältnisse. Die beiden letztgenannten Seiten muß man unterscheiden, weil die Konfessionskirche an Umfang weiter ist und eine ideale Einheit bildet, während die letztgenannte die äußerlichste und am meisten an die Örtlichkeit gebundene Seite der Kirche ist.

 3. Es gibt eine rechte Kirche unter den Konfessionskirchen, in welcher das Bekenntnis, der Kultus mit der Sakramentsverwaltung und das Leben sich verhältnismäßig am reinsten, d. h. am schriftmäßigsten, darstellt. Diesen Vorzug hat ohne Zweifel die lutherische Kirche, d. h. die durch die Reformation erneuerte, wiederhergestellte und fortgesetzte alte katholische Kirche. Ihr gegenüber stehen die anderen Konfessionen als Teile der allgemeinen Taufkirche, aber als solche, die mehr oder weniger von der reinen Lehre des Evangeliums abgewichen und somit häretisch sind. Trotz dieser zum Teil sehr bedeutenden Abweichungen, die bis an das Antichristische streifen (in der römischen Kirche das Papsttum), halten doch alle christlichen Gemeinschaften an den Grundwahrheiten des Christentums, wie sie im Symbolum Apostolorum und im Nicaenum ausgesprochen sind, fest und beobachten in der Handhabung der Sakramente alle ein gewisses Maß von Gehorsam. Darum gibt es eine allgemeine Kirche, die Taufkirche, und eine Einigkeit des Bekenntnisses über den Konfessionen, die greifbar und erkennbar ist.

 4. Das Verhalten gegenüber der Konfessionskirche.

 Wir gehören nach unsern jetzigen Verhältnissen durch die Geburt einer Konfessionskirche an und werden in der Regel darin erzogen. Dieser Umstand bewirkt zunächst und mit Recht eine Pietät gegen diese Kirche, und kein Christ ist der Pflicht überhoben, die Lehre und Praxis seiner Kirche genau kennen zu lernen. Er ist aber damit nicht der Pflicht überhoben, auch andre Konfessionen und ihre Lehre zu prüfen, auch seine eigne, und zwar an der Schrift. Findet