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Rechte und alles Gut der Kirche fahren zu lassen. (Die Lutheraner in Preußen und Hessen). Der Herr kann Geist und Kraft mehren in der Not. Die erste Kirche war auch ohne Besitz und ohne Rechte.

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 6. Organisation der Kirche. Die Kirche hat wie jede Gemeinschaft eine Organisation, eine Gliederung, eine Ordnung und eine Verfassung. Die wesentliche Zweiheit von Amt und Gemeinde ist die einfachste Gliederung, es sind die zwei Faktoren, ohne welche die Kirche nirgends in der Welt zur Erscheinung kommt. Über der Einzelkirche steht der Kirchenkörper mit gemeinsamer Kirchenordnung und Kirchenleitung. Die Gemeindeleitung liegt schriftgemäß in der Hand des Pfarrers, die eines Kirchenkörpers in der Hand der allgemeinen kirchlichen Obrigkeit, sei es einer Synode mit ihrem Präses oder eines Bischofs. Man unterscheidet Episkopal-, Synodal- und Konsistorialverfassung resp. Summepiskopat. Die Verfassung der alten Kirche war die bischöfliche (durch die Sendschreiben an die „Engel der Gemeinden“ in der Apokalypse göttlich sanktioniert). Die Oberaufsicht hatte das Konzil, die Versammlung der Bischöfe, bis zuletzt der Bischof von Rom den Primat erlangte. Eine nur in der protestantischen Kirche sich findende Abart der bischöflichen Verfassung ist der Summepiskopat, sofern hier der Landesherr als summus episcopus die Regierungsgewalt in der Kirche hat und diese durch Konsistorien (daher Konsistorialverfassung) ausübt. Man hat diese Verfassung auf die Lehre von den drei Ständen gegründet. Diese Begründung ist mit ihrer Grundlage preiszugeben, letztere ist nicht schriftgemäß. Anzuerkennen aber ist, daß der protest. Kirche kaum etwas anderes übrig blieb als diese Verfassung; denn die bischöfliche Autorität war dahin gefallen; für den großen Haufen aber war eine Autorität, die sich die Theologen nicht zu geben vermochten, nötig. Der Summepiskopat, die Konsistorialverfassung, ist demnach eine geschichtliche Notwendigkeit, ein unvermeidliches Übel gewesen. Der Idee der Kirche und den reformatorischen Prinzipien, welche im Art. XXVIII der Augustana ausgesprochen sind, wo so scharf geschieden wird zwischen Geistlichem und Weltlichem, steht sie schnurstracks entgegen. Der erst wohlthätige Summepiskopat bildete sich bald zur Cäsaropapie aus. „Die (evang.) Landeskirchen sind, wie Bengel sagte, Centaurengestalten, es herrscht das dem vorreformatorischen Mißstand gerade entgegengesetzte Übel: „jetzt haben wir statt eines papa einen apap“ (d. h. die Cäsaropapie. So schon J. V. Andreae). Doch solange der Fürst oder der Staat