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und den ehelichen Stand, für den ehelichen desto besser, wenn ihre Zeit kommt.

 Die gänzliche freiwillige Armut hat in unserer Kirche und in unseren Zeitverhältnissen kaum noch eine Anwendung, außer in den neu erstandenen Diakonissenanstalten, wo Beispiele gänzlicher Verzichtleistung auf eigenen Besitz heute noch vorkommen. Aber diese Lehre mit ihren Beispielen in der heiligen Schrift und im christlichen Altertum leistet doch einen trefflichen Dienst, die Liebe zu einem armen Leben zu erwecken, welches vieler Menschen, namentlich vieler Diener Christi, unvermeidliches Los ist. Der Zug der Welt geht nach der entgegengesetzten Seite hin, nach einem behaglichen, genußreichen, komfortablen Leben, da man alles, was man braucht, im Überfluß hat. Wie wichtig ist es hier, den Sinn für Bedürfnislosigkeit zu wecken und durch eine Lobrede auf den Vorzug der Armut die Seelen in die Verfassung zu bringen, daß sie nicht mit Seufzen, sondern mit fröhlichem Mut Christo und seinen Aposteln nach entbehren können und ein Gott geheiligtes, armes Leben führen!

 Wie schön und lieblich ist es, in so wichtigen Angelegenheiten des Lebens väterlich von Gott beraten zu sein in seinem Wort. So sehen es auch die symbolischen Bücher an: „Die Jungfrauschaft lobt Paulus, und als einen guten Rat predigt er sie denjenigen, welche dieselbe Gabe haben,“ Apol. Conf. Aug. p. 276. Demnach gibt es im Sinne der heiligen Schrift und nach den Symbolen evangelische Räte, doch im römischen Sinn sind sie zu verwerfen.

 3. Andre Anstalten Gottes zur Beratung der Seinen in wichtigen Angelegenheiten.

 Im Alten Testament war der Hohepriester mit dem Brustschildlein das Orakel, wodurch man den HErrn fragen konnte, resp. der Prophet, Deut. 18, 15; 2. Chron. 18, 6. Dies hat im Neuen Testament aufgehört. An die Stelle ist das Hirtenamt getreten, an welches der einzelne in wichtigen Lebensfragen, um Rat zu erholen, gewiesen ist, namentlich in solchen Sachen, die das geistliche Leben betreffen, Mal. 2, 7; Luk. 12, 42; Joh. 21, 17.

 Das unfehlbare Licht in allen schwierigen Lebensverhältnissen für alle, die Rat suchen, ist die heilige Schrift. Und wo sich keine passende Anweisung und kein passendes analoges Beispiel in der Schrift findet, da bietet sie den leitenden Grundsatz. Sie reicht also für alle Fälle aus. Nur gehört Sinn und Verstand und ein gewisser Grad der